Jeder zehnte Deutsche trinkt mehr als für ihn gut ist. Das bringt nicht nur gesundheitliche Probleme, sondern auch oft Schwierigkeiten in Beziehungen zum Partner, zu den Kindern, zu Kollegen. Wo liegt die Grenze für risikoarmen Alkoholgenuss? Was tun, wenn der Partner, Familienmitglieder, Freunde oder Kollegen zu viel trinken? Wie schützt man sich vor Co-Abhängigkeit? Fragen und Sorgen zu diesem Thema haben zwei Beraterinnen der BzGA bei der NWZ-Lesertelefon-Aktion beantwortet. Hier eine Auswahl: Mein Sohn (28) verlor durch den Alkohol schon seine Arbeit. Ich habe ihm mehrmals vorgeschlagen, eine Therapie zu machen. Er will nicht. Kann ich ihn irgendwie dazu bringen, dass er doch eine Therapie anfängt | ? |
Nein, ohne dass er will geht gar nichts. Das ist für Sie als Mutter bestimm schwer zu ertragen. Um mit der Situation besser klar zu kommen, können Sie sich bei einer Familien- oder Frauenberatung Unterstützung holen. Adressen finden Sie unter www.dajeb.de. Auch Suchtberatungsstellen sind oft gute Ansprechpartner für Angehörige. Sagen Sie Ihrem Sohn ruhig, dass Sie sich beraten lassen. Eventuell bewirkt es etwas in seinem Denken, wenn Sie aktiv werden. Ansonsten: Gehen Sie auf Distanz. Er ist ein erwachsener Mann und hat ein Recht auf eigene Entscheidungen. Vielleicht können Sie versuchen, mit eigenen Unternehmungen wieder Freude am Leben zu finden, ohne ständig an den Sohn zu denken.
Letztes Wochenende war unser Sohn auf einer Party mit Trinkspielen. Danach war er zwei Tage kaum ansprechbar. Wie sehen solche Spiele aus | ? |
Bei Trinkspielen geht es darum, in kurzer Zeit möglichst viel Alkohol zu trinken. Nicht mehr der Party-Gast bestimmt, was er zu sich nimmt, sondern die Regeln des Spiels. Es gibt nur eine Gegenwehr: Diese Spiele meiden, will man nicht am Ende total abstürzen. Trinkspiele sind auch deshalb so tückisch, weil der Alkohol seine volle Wirkung nicht sofort entfaltet. Entsprechend gefährlich ist es, in kurzer Zeit viel zu konsumieren - vor allem Hochprozentiges. Dadurch wird das Warnsystem des Körpers übertölpelt und man ist irgendwann sturzbetrunken.
Ich trinke in der Woche überhaupt keinen Alkohol. Können es dann am Wochenende in geselliger Runde zwei, drei Flaschen Bier sein | ? |
Wenn es nur Bier ist - und nicht weitere alkoholische Getränke dazu kommen - wäre bei einem gesunden Mann nichts dagegen zu sagen. Das verkraftet der Körper. Empfehlenswert ist, nach jedem Bier immer ein großes Glas Wasser oder eine Apfelschorle zu trinken. Der Flüssigkeitsbedarf wird so gestillt und man nimmt nicht zu viel Alkohol zu sich.
Meine Schwester und ich – wir sagen uns alles und haben ein sehr gutes Verhältnis. Aber wenn ich sie darauf anspreche, dass sie viel zu viel trinkt, dreht sie sich weg. Wie kann ich ihr helfen, weniger zu trinken? | ? |
Helfen kann man nur Menschen, die sich helfen lassen wollen. Ist sich Ihre Schwester des Alkoholmissbrauchs bewusst und will sie Hilfe annehmen, gibt es eine Menge Möglichkeiten. Aber offensichtlich ist sie noch nicht so weit, den Alkohol als Problem zu sehen. Oft ist das ein langer Prozess. Halten Sie den guten Kontakt. Sagen Sie ihr, was Sie beobachten, so konkret wie möglich und ohne Vorwurf. Versuchen Sie, in der Ich-Form zu sprechen.
Seitdem unser Sohn (16) aus der Schule raus ist, kommt er am Wochenende oft betrunken nach Hause. Er meint, das sei in seinem Alter normal. Wie sehen Sie das? | ? |
Insbesondere das Rausch-Trinken ist für Jugendliche gesundheitlich riskant, da der Reifungsprozess des zentralen Nervensystems bei ihnen noch nicht abgeschlossen ist. Wer in dieser Phase zu viel oder regelmäßig Alkohol konsumiert, kann im Hirn bleibende Schäden anrichten. Versuchen Sie, mit Ihrem Sohn darüber ins Gespräch zu kommen. Sagen Sie ihm, dass und warum Sie sich Sorgen machen. Für mehr Informationen können Sie ihm das Internetportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung speziell für Jugendliche und junge Erwachsene unter www.kenn-dein-limit.info empfehlen.
Erst habe ich nur ein Glas Whisky am Abend getrunken. Inzwischen sind es drei, vier Gläser. Ich nehme mir immer wieder vor, weniger zu trinken, schaffe es aber nicht … | ? |
Sie haben bereits viel erreicht – nämlich die Erkenntnis, dass Sie zu viel trinken. Wenn Sie die Reduktion allein nicht schaffen, können Sie Hilfe in Anspruch nehmen. Dann wird es leichter. Vereinbaren Sie dafür einen Termin bei einer Suchtberatungsstelle. Genau wie Ärzte haben diese Beratungsstellen eine Schweigepflicht. Die Beratung ist kostenlos.
Ich rate Ihnen, sich innerhalb der nächsten zwölf Stunden einen Termin zu holen. Wartet man zu lange, löst sich die schöne Motivation oft wieder in Luft auf. Entgegen der landläufigen Meinung beraten die Suchtberatungsstellen nicht nur Alkoholabhängige, sondern auch Menschen, die ihren Konsum reduzieren möchten. Kontaktmöglichkeiten finden Sie im Internet unter www.kenn-dein-limit.de
Mein Vater trinkt jeden Tag mindestens eine Flasche Rotwein und erklärt mir, dass das noch im normalen Rahmen ist. Das kann ich mir nicht vorstellen … | ? |
Dem ist auch nicht so. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt Menschen, die gesund leben wollen, bestimmte Alkohol-Grenzen einzuhalten. Die liegen für den gesunden, erwachsenen Mann bei 24 Gramm reinem Alkohol pro Tag, für die Frau bei 12 Gramm. 24 Gramm reiner Alkohol stecken zum Beispiel in einem Viertelliter Wein oder in einem halben Liter Bier.
Weiterführende Infos Sucht-Beratungstelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Mo-Do von 10-22 Uhr, Fr-So 10-18 Uhr unter t 0221/892031.
Kostenlose Info-Materialien zum Thema unter www.bzga.de/Infomaterialien
Seiten im Internet: für Jugendliche unter 16 Jahren: www.null-alkohol-voll-power.de, für Jugendliche von 16 bis 20 Jahren: www.kenn-dein-limit.info, für Erwachsene: www.kenn-dein-limit.de (u.a. mit Tipps für Eltern)
Blaues Kreuz – Wege aus der Sucht: www.blaues-kreuz.de