Was lernt ein Kind (über sich) von schlagenden Eltern?
Durch Bewusstmachung gelernte Persönlichkeitsmuster verändern
Jeder Mensch entwickelt Persönlichkeitsmuster als Anpassungsleistung an seine Herkunftsfamilie. Ein Kind jedoch, das durch seine Eltern verletzt wird, entwickelt als vermeidliche Schutzfunktion traumabasierte Persönlichkeitsmuster. Das Erleben von Gewalt über einen langen Zeitraum, führt z. B. dazu, dass das Kind eine gesteigerte Wahrnehmung der Gefühle anderer, bei gleichzeitiger Unterdrückung der eigenen Bedürfnisse, entwickelt. Auf Dauer wird das dann zu einem Persönlichkeitsmuster. Ein Mensch, der als Kind Opfer von Gewalt wurde, kann äußerlich vielleicht ein ganz normales Leben führen, aber sich innerlich „irgendwie leer“ oder „sowie taub“ fühlen, oder eine „gefühlskalte“ Seite entwickeln. Oder ein Kind hat gelernt, in unerträglichen Situationen zu verharren und auszuhalten und fügt sich in die gelernte Hilflosigkeit. Das Selbstwertgefühl und die Fähigkeit, aus eigener Kraft Veränderungen herbeizuführen, sind durch die lange Phase der Erniedrigung und Demütigung dann beim Erwachsenen erheblich reduziert. Oder der betroffene Mensch fühlt sich ständig innerlich unruhig oder zeigt ein sehr aggressives Verhalten, sich selbst oder anderen gegenüber. Oder das Kind hat die Mutter vor den Schlägen des Vaters schützen müssen und hat dadurch eine starke Helferseite entwickelt. Oder sie flüchten in ein Suchtverhalten; um die Erinnerung und/oder die aufkommenden schmerzenden Gefühle zu vermeiden. Solche Schutzanpassungen, die irgendwann im Kindesalter aus gutem Grund entstanden sind, werden zu Persönlichkeitsmustern und sind noch im erwachsenen Alter aktiv. So ist die innere Welt von Menschen, die an den Folgen von Traumatisierungen leiden, oft geprägt von verschiedenen Mustern, die häufig sogar miteinander in Konflikt stehen. Dabei sind sie dem Betroffenen mal mehr oder mal weniger bewusst und auch mal mehr oder weniger steuerbar. Von außen betrachtet zeigt der Mensch ein widersprüchliches Verhalten, was für nahestehende Personen schwer zu verstehen und auch schwer auszuhalten ist. Durch die neuere Gehirnforschung weiß man, dass frühe Bindungserfahrungen und soziale Beziehungsmuster grundlegend die Entwicklung des Gehirns beeinflussen. Die traumabasierten Persönlichkeitsmuster führen zu neuronalen Netzwerken, die nur mit Zeit, Einfühlungsvermögen, Geduld und Respekt wieder aufzulösen sind. Neurobiologische Erkenntnisse, psychodynamisches Verstehen und Bindungsforschung sind dabei in einem tiefgreifenden Zusammenhang zu sehen. Dazu ist eine Therapiemethode nötig, die die ablaufenden Reaktionen in Körper und Nervensystem während eines traumatischen Erlebnisses in ausreichender Weise berücksichtigt. Das traumatherapeutische „KreST-Modell“ (Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte Traumatherapie nach Lutz-Ulrich Besser, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) trägt diesen Aspekten, auf dem Weg der Traumaheilung effektiv Rechnung. Diese Traumatherapie bietet einen hilfreichen Zugang zum Verständnis von inneren Persönlichkeitsmustern, Stärken und Schwächen, Verhaltensmustern sowie inneren und äußeren Alltagskonflikten. So können sich alte Überlebensstrategien lösen und die Fähigkeit zur Selbstregulierung und Beziehungsfähigkeit kann wachsen.