Gesunde Ernährung: Wichtig! Aber machbar?
Wie sich der Energiebedarf wirklich ausgewogen decken lässt – Bedeutung der orthomolekularen Medizin
Wir leben, was unsere Lebensmittel betrifft, im Schlaraffenland. In jedem Supermarkt gibt es zu fast jeder Jahreszeit Nahrungsmittel aus aller Welt, häufig auch in „Bio-Qualität“. Nahezu problemlos können wir uns glutenfrei, laktosefrei, vegan, vegetarisch oder ökologisch einwandfrei ernähren, wenn wir möchten. Der gesamte Energiebedarf lässt sich mit frischen, gesunden Lebensmitteln decken, selbstverständlich aber auch mit Fertigprodukten, Cola, Chips und Süßigkeiten. Es ist nun nicht so, dass die meisten Menschen nicht wüssten, wie sie sich gesund ernähren müssten. Nein, es entscheidet leider nicht der Kopf, sondern der Bauch. Unser Essverhalten wird seit Jahrzehnten manipuliert durch eine Unzahl chemischer Zusatzstoffe, die unter anderem unser Geschmacksempfinden verändern. Welche Eltern haben nicht schon erlebt, dass Kinder die selbst hergestellte Tomatensoße vehement ablehnen und gekauften, mit viel Zucker angereicherten Ketchup fordern. Bequemlichkeit, und da sollten wir ehrlich sein, ist ein weiterer Störfaktor auf dem Weg zu gesunderem Essen. Ebenso wird häufig Zeitmangel genannt. Aufwärmen geht eben schneller als zubereiten und kochen. Zudem hat die Lebensmittelindustrie mit ihrer Werbung großes Interesse, unsere Ernährungsgewohnheiten so zu beeinflussen, dass ihre mit vielen Zusatzstoffen angereicherten Produkte profitträchtig verzehrt werden. Bis auf wenige Ausnahmen ist bei uns niemand mehr unterernährt, eher überernährt, schaut man sich die steigende Zahl der Übergewichtigen an. Woher kommt dann die weit verbreitete Mangelernährung? Die Zufuhr großer Nahrungsmengen garantiert eben nicht, dass dabei alle wichtigen Nährstoffe aufgenommen werden, eher entstehen so Zivilisationskrankheiten wie z.B. das metabolische Syndrom mit der Gefahr, an Diabetes zu erkranken. Gemeint ist ein Mangel an Nährstoffen, die wir zur Lebenserhaltung brauchen und die die Voraussetzung für einen funktionierenden Stoffwechsel sind. Essenzielle, also lebensnotwendige Nährstoffe sind z.B. Vitamine, Mineralien, Fettsäuren und Spurenelemente. Nun weiß nahezu jede und jeder, dass frisches Obst und Gemüse davon mehr enthalten als die tiefgekühlte Salamipizza und der Softdrink zum Durstlöschen. Sind nicht viele von uns von klein auf so gepolt, dass ungesunde Lebensmittel gut schmecken und gesunde eben nicht. Die Gesundheit zu optimieren oder wiederzugewinnen ist aber das Ziel und der Wunsch nahezu aller Menschen. Das Wissen darum, Nährstoffdefizite durch ungesundes Essen zu bekommen, führt deshalb in unserer Gesellschaft zu einer ungezügelten zusätzlichen Einnahme von Vitaminen und anderen Nährstoffpräparaten, was einen kritischen Schulmediziner mit Recht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lässt. Wir müssen zum Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln nicht mal in eine Apotheke gehen, jeder größere Supermarkt und das Internet bieten diese in großer Vielzahl an. Die Werbung und der Aufdruck der Verpackungen versprechen uns, welche Gesundheitsmängel oder -beschwerden mit dem Mittel verhindert, gelindert oder behoben werden können. Der Markt für diese Vitamine, Mineralien und Spurenelemente boomt derart, dass die Umsätze weltweit in die Milliarden gehen! Experten aber mahnen, Nahrungsergänzungsmittel könnten eine schlechte Ernährung nicht ausgleichen. Und nun? Alles weglassen? Steht diese Aussage nicht im Widerspruch zu dem zuvor Beschriebenen? In vielen Fällen greift auch die konventionelle Medizin auf die Gabe von zusätzlichen Nährstoffen zurück. So wird ein Eisenmangel mit einer zusätzlichen Gabe dieses Spurenelements z.B. bei zu starker Menstruation oder anderen Blutverlusten behandelt oder die Gabe von Folsäure in der Schwangerschaft, um Fehlbildungen des Kindes zu verhindern. Vitamin D und Kalzium hilft nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen bei bestehender Osteoporose. Schon Babies erhalten Vitamin D, um einer Rachitis vorzubeugen. „Orthomolekular“ bedeutet übersetzt die Einnahme der richtigen Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und Fettsäuren, die dem Körper wirklich fehlen. Im Folgenden seien nur einige Beispiele genannt. Zu den therapeutischen Grundregeln vor einer Behandlung gehören Informationen über die allgemeine Lebensführung, über Vorerkrankungen, über Ernährung (Veganer, Vegetarier, hoher Fleischkonsum) und selbstverständlich eine Blutuntersuchung sowie eine Medikamenten-Anamnese, da sich bestimmte Medikamente auf die Aufnahme von Nahrungsmitteln oder Ergänzungsmitteln hinderlich auswirken und auf diese Weise zu Mangelzuständen führen können. Diese entstehen auch, wenn in der täglichen Ernährung lebenswichtige Stoffe fehlen. So müssen Veganer und manche Vegetarier unbedingt Vitamin B12 zuführen. Wichtig ist ebenfalls, dass die richtige Dosierung für die Behandlung gewählt wird. Ältere Menschen entwickeln oft Defizite aller wichtigen Vitamine und Minerale aufgrund geringerer Nahrungszufuhr. Studien haben belegt, fast alle Seniorenheimbewohner weisen einen extremen Mangel an Vitamin D auf, das hauptsächlich durch Sonnenbestrahlung der Haut gebildet wird. So halten sich viele alte Menschen wenig im Freien auf und tragen auch im Sommer lange Kleidung. Vitamin D hat in den letzten Jahren an Bedeutung zugenommen. Über die Wichtigkeit als „Knochenvitamin“ hinaus wurden neue Eigenschaften entdeckt, z.B. weiß man inzwischen, dass eine gute Versorgung das Immunsystem effektiv stärkt. Ein Mangel an Vitamin D ist derart verbreitet, dass man inzwischen von einem „Volksleiden“ sprechen kann. Als letztes sei hier das Spurenelement Selen zu nennen, das in früheren Zeiten in genügender Menge in unseren Ackerböden enthalten war, bis es durch „moderne“ Landwirtschaft mit viel Kunstdünger so verringert wurde, dass Deutschland nun als Selenmangel-Land gilt. Durch die knappe Selenzufuhr können bestimmte Krankheiten in ihrer Entstehung gefördert werden, allen voran Krebs und Hashimoto-Thyreoiditis, eine Schilddrüsenerkrankung. Zum Schluss sei gesagt: Das wichtigste Instrument, um einem möglichen Nährstoffmangel auf die Spur zu kommen, ist aber immer eine gründliche Anamnese und mögliche weitere Untersuchungen, in keinem Fall eine „Schrotschuss“-Therapie.