
Wenn das Testament umziehen muss
Die Unwirksamkeit von Testamenten bei Rücknahme aus amtlicher Verwahrung
Hinterlegte Testamente können zurückverlangt werden. Gelegentlich werden sie zurückverlangt, weil die betreffenden Personen umziehen und eine Hinterlegung bei dem neuen zuständigen Amtsgericht wünschen. Testamente, die aus der amtlichen Verwahrung genommen werden, werden unwirksam – zumindest soweit es sich um notarielle Testamente oder vor einem Bürgermeister errichtete Nottestamente handelt (§ 2256 BGB). Entgegen weit verbreiteter Ansicht können handschriftliche Testamente zurückgenommen werden, ohne dass sie ihre Wirksamkeit verlieren. Die Nachlassgerichte sind verpflichtet, auf die Rechtsfolgen hinzuweisen (§ 2256 Abs. 1 Satz 2 BGB); gelegentlich werden die Hinweise allerdings übersehen. Das OLG Düsseldorf musste sich in einer Entscheidung vom 23. Dezember 2015 (Aktenzeichen I-3 Wx 285/14) mit einer solchen „missglückten“ Rücknahme befassen. Die Erblasserin hatte ihre Enkelin in einem notariellen Testament als Alleinerbin eingesetzt und zugleich zu Gunsten der Tochter ein Vermächtnis angeordnet. Dieses Testament verlangte sie vom Nachlassgericht zurück. Im weiteren Verlauf schränkte sie das Vermächtnis der Tochter immer weiter ein, ohne die Erbeinsetzung der Enkelin weiter zu thematisieren. Nach dem Tod der Großmutter vertrat die Enkelin die Auffassung, trotz der Rücknahme aus der Hinterlegung Alleinerben ihrer Großmutter geworden zu sein. Sie erklärte die Anfechtung des Widerrufs durch Rücknahme des Testamentes aus der amtlichen Verwahrung. Die Enkelin erhielt vom OLG Düsseldorf Recht. Der Widerruf, der in der Rücknahme eines Testamentes zu sehen ist, kann angefochten werden. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Erblasserin bei der Rücknahme über deren Rechtswirkungen geirrt hat. Dies sei trotz Belehrung des Nachlassgerichtes nicht ausgeschlossen, vor allem dann nicht, wenn die Erblasserin ersichtlich nicht rechtskundig ist. Im vorliegenden Fall zeigten die Bemühungen der Erblasserin zur Anpassung der Vermächtnisse an ihre Vermögenslage, dass sie von der Fortgeltung der Erbeinsetzung ihrer Enkelin ausgegangen ist. Die Rücknahme eines Testamentes aus amtlicher Verwahrung sollte wohl überlegt sein. Seit Errichtung des Zentralen Testamentsregister ist sichergestellt, dass Testamente auch dann aufgefunden werden, wenn der Erblasser zwischenzeitlich umgezogen ist. Die Notwendigkeit des „Umzugs eines Testamentes“ zum neuen Nachlassgericht besteht nicht. Sollte dennoch ein Umzug des Testamentes beabsichtigt sein, so ist dies nicht durch Rücknahme aus der amtliche Verwahrung, sondern durch Antrag an das Gericht auf Änderung der Hinterlegungsstelle zu bewirken.