Grabpflegekosten mindern Pflichtteil (meist) nicht
Klarstellende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
Gemäß § 1968 BGB hat die „Kosten der Beerdigung des Erblassers“ stets der Erbe zu tragen. Dabei stellte sich immer wieder die Frage, ob zu diesen Kosten auch die Kosten für die dauerhafte Pflege eines Grabes zählen. Diese Frage hat der Bundesgerichtshof in besagtem Urteil verneint. Er stellte klar, dass Beerdigungskosten nur die Kosten des eigentlichen Bestattungsakts selbst seien. Dieser finde „seinen Abschluss mit der Errichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten und geeigneten Grabstätte“. Die weitergehenden Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte und des Grabmals seien vom Erben nicht von Gesetzes wegen sondern allenfalls aufgrund einer sittlichen Verpflichtung, also gleichsam aus moralischen Gründen, zu tragen. Dies führt zur zweiten Frage, die der BGH mit seinem Urteil geklärt hat: Der Sachverhalt: Der Kläger war einziges Kind einer unverheirateten Erblasserin. Damit hätte dem Kläger als gesetzlicher Erbe seiner Mutter der gesamte Nachlass allein zugestanden. Die Erblasserin hinterließ allerdings ein Testament, in dem der Kläger mit einer Erbquote von im Ergebnis 9,09 % bedacht war. Kinder sind pflichtteilsberechtigt; wird einem Einzelkind per Testament weniger als die Hälfte des Nachlasses zugewendet, muss der Erbe dem Kind so viel Geld zahlen, dass das Kind im Ergebnis mindestens die Hälfte des Nachlasswertes erhält. Wenn das Kind, wie hier, nicht vollständig enterbt ist, ihm aber eine Erbquote von unter 50 % zugesprochen wird, muss der (weitere) Erbe dem Kind den zu 50 % fehlenden Betrag zahlen. Man spricht dann vom sogenannten Zusatzpflichtteil - hier also in Höhe von 40,91 %. Die Pflichtteilsquote festzustellen, ist aber nur die halbe Miete. Die Frage, worauf die Pflichtteilsquote anzuwenden ist, bereitet regelmäßig Schwierigkeiten. Denn der Wert des Nachlasses, von dem ausgehend dann der Pflichtteil zu berechnen ist, muss erst einmal festgestellt werden. Und dabei sind insbesondere nicht nur die positiven Vermögenswerte, sondern auch die zum Nachlass gehörenden Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Wir wissen nun: Grabpflegekosten spielen im Regelfall bei der Pflichtteilsberechnung keine Rolle. Denn von Gesetzes wegen trifft den Erben, wie bereits gehört, keine Pflicht, das Grab des Erblassers zu pflegen. Grabpflegekosten sind also - anders als die Beerdigungskosten - keine gesetzlichen Nachlassverbindlichkeiten. Für diese Auslegung des Bürgerlichen Gesetzbuches ist es laut BGH übrigens unerheblich, dass Grabpflegekosten für den Erben erbschaftssteuerlich durchaus zu den absetzbaren Kosten gehören. Ebenso unerheblich sei es, dass den Erben zum Teil öffentlich-rechtliche Pflichten zur Grabpflege, beispielsweise aufgrund von Friedhofssatzungen, treffen. In dem entschiedenen Fall hatte die Erblasserin allerdings den Erben im Testament ausdrücklich aufgegeben, die Grabpflegekosten zu zahlen. Hierbei handele es sich laut BGH um eine sogenannte Auflage. Eine Auflage ist eine testamentarische Verpflichtung, die den Erben bindet, ohne einem Dritten einen Anspruch auf die Erfüllung der Verpflichtung zu geben. Gemäß § 1967 Abs. 2 BGB handelte es sich damit im konkreten Fall bei den Grabpflegekosten tatsächlich um Nachlassverbindlichkeiten. Schließlich waren die Erben aufgrund Auflage im Testament ausdrücklich verpflichtet, die Grabpflegekosten zu übernehmen. An dieser Stelle schlägt das Pflichtteilsrecht erbarmungslos zu: Es ist nämlich einhellige Auffassung, dass der Erbe Verpflichtungen aus Auflagen und Vermächtnissen bei der Berechnung des Pflichtteils nicht in Abzug bringen! Die Erben müssen die Grabpflegekosten also zahlen, dürfen diese aber bei der Berechnung des Pflichtteils nicht ansetzen. Dies führte im konkreten Fall dazu, dass sie - einschließlich Pflichtteil - rein rechnerisch mehr zu zahlen hatten, als sie nach Abzug der ungekürzten Nachlassverbindlichkeiten aus dem Erbe erlangt hatten! In seiner Entscheidung lieferte der BGH übrigens nebenbei noch den Hinweis, auf welche Weise Grabpflegekosten wirksam zur Minderung der Pflichtteilslast beitragen können. Das lässt sich erreichen, indem der Erblasser zu Lebzeiten bereits einen Vertrag über die Grabpflegeleistungen, beispielsweise mit einem Gartenbauunternehmen, abschließt. Ist ein solcher Grabpflegevertrag bereits zu Lebzeiten geschlossen, handelt es sich dabei um eine Nachlassverbindlichkeit, die völlig unproblematisch auch bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen ist.