Trennung innerhalb der gemeinsamen Wohnung
Gericht stellt hohe Anforderungen an ein Getrenntleben unter einem Dach
Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehegatte diese erkennbar nicht wiederherstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Dies folgt aus § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB. Voraussetzung für ein Getrenntleben im Rechtssinne ist daher einerseits das Nichtbestehen einer häuslichen Gemeinschaft sowie andererseits das Vorliegen eines Trennungswillens bei mindestens einem der Ehegatten, der erkennbar auf eine Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft gerichtet ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen am Tag der Trennung vorliegen. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich auf den von diesem angegebenen Trennungszeitpunkt beruft. Im vorliegenden Fall führten die Eheleute im Mai 2017 ein Streitgespräch über ihre Vermögensverhältnisse und Erbschaftsangelegenheiten. Wenige Tage später erklärte die Ehefrau in einem Schreiben an ihren Mann die Liebesbeziehung für beendet. Zugleich äußerte sie jedoch, zur Aufrechterhaltung einer Partnerschaft im Interesse der gemeinsamen Kinder bereit zu sein sowie ihren Wunsch eine Familientherapie zu beginnen. Die Eheleute verständigten sich deshalb in der Folge darauf, weiter unter einem Dach zu leben und auch gemeinsame Urlaube und Freizeitaktivitäten zu unternehmen, um ihren Kindern gegenüber den Schein einer intakten Ehe zu suggerieren. Im Januar 2018 teilte der Ehemann seiner Frau jedoch in Anwesenheit der Kinder seinen Trennungsentschluss mit. Er berief sich vor Gericht schließlich darauf, dass die Trennung bereits im Mai 2017 erfolgte, wobei der Trennungszeitpunkt im vorliegenden Fall entscheidende Bedeutung für die Geltendmachung eines vorzeitigen Zugewinns hatte, da dafür Voraussetzung ein mehr als drei Jahre langes Getrenntleben ist. Im Zuge dessen musste sich das Oberlandesgericht Brandenburg mit der Frage befassen, ob von einem Getrenntleben schon im Mai 2017 oder erst im Januar 2018 auszugehen ist. Die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft ist dabei grundsätzlich auch innerhalb der Ehewohnung möglich. Dazu muss nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung ein der konkreten Wohnsituation entsprechendes Höchstmaß an räumlicher Trennung nachgewiesen sein, wozu allein das Vorliegen getrennter Schlafzimmer nicht ausreichend ist. Andererseits schließt die gemeinsame Nutzung von Räumen, die der Hygiene und Versorgung dienen (Küche, Toilette, Bad, Waschküche), sofern solche Räume in der Ehewohnung nur einmal vorhanden sind, die Annahme eines Getrenntlebens auch nicht aus. Das Oberlandesgericht Brandenburg hat dabei klargestellt, dass mit Ausnahme der zwangsläufig gemeinsam zu nutzenden Räume aber kein Zimmer der ehelichen Wohnung mehr gemeinsam genutzt werden darf, sondern diese Zimmer strikt getrennt genutzt werden müssen. Der Ehemann gab an, seit Mai 2017 seine Wäsche selbst gewaschen zu haben, während die Ehefrau einwandte, bis Januar 2018 Versorgungsleistungen für ihren Mann übernommen und mit ihm und den Kindern gemeinsame Mahlzeiten eingenommen zu haben. Das OLG Brandenburg entschied, dass allein die Mitteilung der Frau die Liebesbeziehung zu beenden, nicht als Trennung im Rechtssinne gewertet werden kann, zumal sie zugleich einen Wunsch nach einer gemeinsamen Familientherapie äußerte. Daraus schloss das Oberlandesgericht, dass dies ein Interesse an einem Fortbestand der Ehe signalisierte. Im Hinblick auf das Zusammenleben unter einem Dach hindert die Aufrechterhaltung gewisser familiärer Gemeinsamkeiten im Interesse der gemeinsamen Kinder, wie etwa die gelegentliche gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten, nicht die Annahme eines Getrenntlebens. Wenn jedoch die Ehegatten weiterhin regelmäßig die Mahlzeiten gemeinsam zubereiten und einnehmen und einer der Ehegatten - wenn auch nur, um im Interesse der Kinder den Schein einer intakten Ehe aufrechtzuerhalten - den Haushalt wie gewohnt weiterführt, ist ein Getrenntleben nach der Rechtsprechung zu verneinen. Vor diesem Hintergrund nahm das Oberlandesgericht Brandenburg letztlich eine Trennung erst im Januar 2018 an. Es sollte daher im Hinblick auf die Geltendmachung von Ansprüchen im Zuge der Trennung und Scheidung wie Zugewinnausgleichsansprüchen oder Trennungsunterhaltsansprüchen bei einem Getrenntleben unter einem Dach eine strikte Trennung der Räumlichkeiten und des Lebensalltags erfolgen, damit sich derjenige, der Ansprüche geltend macht, auf einen entsprechenden frühen Zeitpunkt des Getrenntlebens berufen kann. Auch für die Einreichung eines Scheidungsantrages ist das genaue Datum des Getrenntlebens maßgeblich, da es nicht möglich ist, dass sich die Eheleute auf ein beliebiges Trennungsdatum verständigen oder die Trennungszeit einvernehmlich verkürzen können. Sollte es Uneinigkeit im Hinblick auf den Trennungszeitpunkt geben, hat insofern das zuständige Familiengericht nach den entsprechenden Maßstäben objektiv zu bewerten, ob ein Getrenntleben im Rechtssinne vorliegt.