
Über Jahre befristete Arbeitszeiterhöhungen
Kettenverträge nur bezogen auf einzelne Arbeitsbedingungen
Immer größerer Beliebtheit erfreut sich auch die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen. Insbesondere wird die Arbeitsbedingung „Arbeitszeit“ befristet erhöht. Wenn derartige Arbeitszeiterhöhungen über Jahre hinweg mehrfach hintereinander vorgenommen wurden, stellt sich die Frage der Zulässigkeit. Diese Frage hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in folgendem Fall jüngst entschieden. Der Fall: Der Kläger ist bei der Beklagten, einer katholischen Schule, als Lehrkraft im Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen. Nachdem zwischen den Parteien eine unbefristete Beschäftigung des Klägers im Umfang von zwölf Unterrichtsstunden pro Woche vereinbart worden war, schlossen die Parteien in den folgenden zwölf Jahren jeweils für die Dauer eines Schuljahres in einer Vielzahl von Zusatzverträgen die befristete Erhöhung des Stundendeputats. Als Grund für die Befristung ist in den Verträgen überwiegend Teilzeitbeschäftigung, Deputatsreduzierung, Urlaub oder Erkrankung anderer Lehrkräfte genannt. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die in den Zusatzverträgen vereinbarte befristete Arbeitszeiterhöhung über Jahre hinweg belege, dass während der gesamten Zeit Bedarf für eine über zwölf Unterrichtsstunden hinausgehende Beschäftigung bestanden habe. Es bestehe daher ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit zumindest 16 Unterrichtsstunden. Die Beklagte hingegen war der Ansicht, dass die einzelnen Befristungen der Arbeitszeiterhöhung jeweils durch neuerliche Umstände gerechtfertigt gewesen seien. Das Urteil: Das BAG stellte in seinem Urteil vom 23. März 2016 fest, der Lehrer sei durch die befristete Arbeitszeiterhöhung unangemessen benachteiligt worden. Auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen sei nicht das TzBfG anwendbar; vielmehr werde die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterzogen. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers durch die Klauseln in dem Zusatzvertrag gem. § 307 Abs. 1 BGB würde im Falle einer Aufstockung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang vorliegen, wenn keine Umstände vorliegen, die die Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt über das erhöhte Arbeitsvolumen nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen können. Eine Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang liege jedoch nur vor, wenn sich das Aufstockungsvolumen auf mindestens 25 Prozent eines entsprechenden Vollzeitarbeitsverhältnisses beläuft. Da ein Vollzeitarbeitsverhältnis ein Arbeitszeitvolumen von 25 Stunden aufwies, war diese Grenze nicht erreicht. Aus diesem Grund sei anhand einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen zu prüfen, ob der Arbeitnehmer durch die Befristung unangemessen benachteiligt werde. Die Schulträgerin habe zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, im Hinblick auf immer wieder auftretende längerfristige Ausfälle von Lehrkräften die Arbeitszeit anderer Lehrkräfte vorübergehend schuljahresbezogen aufzustocken. Dem stehe aber das berechtigte Interesse eines Lehrers an der unbefristeten Vereinbarung des Arbeitszeitumfangs entgegen. Vom Umfang der Arbeitszeit hänge auch sein Einkommen ab. Die seit zwölf Jahren wiederholt befristete Aufstockung der Unterrichtsstunden sprach nach Auffassung des Gerichts dafür, dass ein ständiger Bedarf an zusätzlicher Arbeitsleistung durch den Lehrer vorgelegen habe. Der Praxisbezug: Befristete Arbeitszeiterhöhungen kommen regelmäßig auch in anderen Arbeitsverhältnissen und in anderen Branchen vor. So aktuell in einem vergleichbaren Fall, der sich in einer großen Verbrauchermarkt-Kette zugetragen hat. Auch hier ist das Ziel erreicht worden, eine dauerhafte Arbeitszeiterhöhung für das unbefristete Arbeitsverhältnis festzulegen.