Strafe bei Fahrerflucht? – „Kommt drauf an!“
Ausschlaggebend ist auch die Schadenhöhe – Als gering gilt sie bis zu 1300 Euro
Schnell ist es passiert. Tausendfach in Deutschland. Jeden Tag. Man detscht beim Ausparken minimal an den Vordermann. Gedanken schießen durch den Kopf: Vielleicht hat es ja ein bisschen geruckelt, aber man sieht ja nichts vom Fahrersitz aus. Ist man gesehen worden? Also lieber weiterfahren. Schnell hat sich der Kraftfahrer, der so verfährt, in die Fänge der Justiz und genauer in den § 142 des Strafgesetzbuches verfangen. Und das kann nicht nur ärgerlich, sondern auch richtig teuer werden! Welche Strafe aber droht dem Missetäter überhaupt? Die klassische Anwaltsantwort lautet: „Es kommt drauf an.“ Das hängt zum einen damit zusammen, dass es im Recht selten ganz klare Antworten gibt. Das macht die Sache nicht einfacher. Zum anderen, dass der Tatbestand des „unerlaubten Entfernens vom Unfallort“, wie es richtigerweise heißt, keine klare Aussage macht. Verallgemeinerungen sind hier überhaupt nicht möglich. Der Einzelfall ist entscheidend. Darin liegt aber eben auch die Chance einer anwaltlichen Verteidigung! Der Gesetzestext nennt verschiedene Varianten. Eine konkrete Strafe gibt es hier nicht, sondern einen sogenannten Strafrahmen, innerhalb dessen sich die zu verhängende Strafe bewegen muss. Dieser Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis zur Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Daneben können Punkte in Flensburg, ein Fahrverbot oder gar die Entziehung der Fahrerlaubnis drohen und eine Sperrzeit zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis verhängt werden. Es ist also viel „drin“ in diesem Straftatbestand. Die Strafzumessung ist dann Aufgabe des Richters entweder im Rahmen einer Hauptverhandlung oder wenn er – wie meist – einen Strafbefehl erlässt. Dem ratsuchenden Kraftfahrer kann daher nur dringend geraten werden, sich in jedem Falle anwaltlich beraten zu lassen. Bei der Höhe der Strafen spielen Voreintragungen und -strafen eine erhebliche Rolle. Einträge im Bundeszentralregister oder im Verkehrszentralregister (das seit 1.Mai Fahreignungsregister heißt!) sind heranzuziehen. Bei der Strafzumessung ist hier ganz entscheidend, ob der Beschuldigte schon einmal bestraft oder ob er sogar schon einmal „einschlägig“ wegen einer Fahrerflucht oder aber Unfallflucht bestraft wurde. Freiheitsstrafen werden bei weniger schwerwiegenden Vergehen in aller Regel erst verhängt, wenn der Beschuldigte schon einmal oder gar mehrfach wegen des angeklagten Deliktes aufgefallen ist und Geldstrafen ihn offenbar nicht haben beeindrucken können. Ebenfalls ganz wesentlich für die Strafzumessung und die Frage, ob eine Hauptverhandlung stattfindet oder im Wege des Strafbefehls verfahren wird, ist die Schadenhöhe. Entscheidend ist hier der entstandene Schaden am anderen Fahrzeug. Dies entspricht auch dem eigentlichen Schutzgut des § 142 StGB: Dem Geschädigten soll die Möglichkeit eröffnet werden, sich an den Schädiger halten zu können. „Magische“ Grenze ist hier 1300 Euro€. Die meisten Fahrerfluchten passieren bei sogenannten Bagatellschäden und im sogenannten ruhenden Verkehr (beim Ein- oder Ausparken). Das sind Schäden unterhalb von 1300 Euro. Ist der Schaden aber höher, geht das Gesetz davon aus, dass ein „bedeutender Schaden“ vorliegt. Liegt der vor, wird der Führerschein für mindestens sechs Monate entzogen. Liegt der Schaden darunter, kann ein Fahrverbot verhängt werden. Auch für die Höhe der Geldstrafe kommt es entscheidend auf die Schadenshöhe an, wobei auch hier noch weitere Faktoren eine Rolle spielen. In der Regel kann man bei einem Schaden von bis zu 2000 Euro davon ausgehen, dass bei einem Ersttäter eine Geldstrafe zwischen 20 und 40 Tagessätzen verhängt wird, wobei es auch hier Abweichungen nach unten und nach oben geben kann. So ist bei einem Bagatellschaden auch nicht ausgeschlossen, eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO zu erreichen. Auch Eintrag im Führungszeugnis ist möglich Die Strafzumessung ist also hier stets eine Frage des Einzelfalls. Auch die Nebenfolgen der Fahrerflucht – Fahrverbot, Entziehung der Fahrerlaubnis, Regress der Versicherung, Eintragung im Bundeszentralregister und ggf. im Führungszeugnis – sind häufig Folge einer Fahrerflucht, aber eben nicht immer. Aufgabe der Verteidigung ist es hier also, den Mandanten je nach Einzelfall zu begleiten und die Möglichkeiten, die das Gesetz bietet, auszuschöpfen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich dann auch die Antwort des Anwalts „Kommt drauf an!“.
Einzelfallentscheidung bei „unerlaubtem Entfernen“
Geldstrafe, Punkte oder gar ein Führerscheinentzug
Strafmaß abhängig von vorherigen Vergehen
Schadenhöhe ist oft ausschlaggebend