
Eine Trennung ist kein Kinderspiel
Abwägung zum Kindeswohl erfordert viel Fingerspitzengefühl
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht wird vor allem dann relevant, wenn sich die Eltern darüber uneinig sind, bei welchem Elternteil das Kind vorrangig leben soll. Die Gerichte versuchen hierfür anhand von unterschiedlichen Prinzipien abzuwägen, welche Entscheidung dem Kindeswohl am ehesten entspricht. So wird beispielsweise das Förderungsprinzip herangezogen, um zu beurteilen, welcher Elternteil dem Kind voraussichtlich die bestmögliche Förderung nach der Trennung zukommen lassen kann. Auch kann die sogenannte Bindungstoleranz eine Rolle spielen. Diese beschreibt die Fähigkeit der Eltern, den spannungsfreien Kontakt des Kindes zum jeweils anderen Elternteil zu ermöglichen. Als weiteres Kriterium sind die emotionalen und sozialen Bindungen des Kindes zu seinen Eltern, den Geschwistern und weiteren Bezugspersonen entscheidend. Zudem ist auch der Kontinuitätsgrundsatz relevant. Hier soll abgewogen werden, bei welchem Elternteil die Einheitlichkeit, Stabilität und Gleichmäßigkeit in den Erziehungsverhältnissen und der Betreuungssituation bestmöglich gewährleistet werden kann. Entscheidend kann auch der Kindeswille als Ausdruck seines verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts sein. Wie aus den zuvor genannten Prinzipien ersichtlich wird, erfolgt die Abwägung sehr umfassend. Unterstützt werden die Gerichte hierbei in der Regel vom Jugendamt, einem Verfahrensbeistand und notfalls auch von Sachverständigen. Die für die Abwägung des Gerichts bedeutsamen Umstände müssen jedoch üblicherweise von den Betroffenen in der gebotenen Weise dargelegt werden. Aus Sicht der Eltern ist es oft nicht immer einfach, ohne anwaltliche Unterstützung den Überblick zu behalten, gleichzeitig den emotionsgeladenen Konflikt zu versachlichen und richtig abzuschätzen, was für das Gericht am Ende maßgeblich sein könnte. Umgangsrecht Vom Aufenthaltsbestimmungsrecht zu unterscheiden ist zudem das sogenannte Umgangsrecht. Mit dem Umgangsrecht sollen dem Kind und dem Elternteil, welcher das Kind nicht vorrangig betreut, die Möglichkeit gegeben werden, weiterhin persönlichen Kontakt miteinander zu pflegen und zwar in der Regel zu festgelegten Zeiten. Sowohl das Aufenthaltsbestimmungsrecht als auch das Umgangsrecht können kurzfristig in einem sogenannten Einstweiligen Anordnungsverfahren (eine Art Eilverfahren) oder ausführlich in einem Hauptsacheverfahren geregelt werden. Für die gesamte Familie sind gerichtliche Verfahren eine extreme emotionale Belastung. Hierbei kann es nützlich sein, sich als Elternteil dieser Situation nicht allein zu stellen, da vermeintliche Nebensächlichkeiten eine andere Beurteilung des gesamten Sachverhalts nach sich ziehen und große Auswirkungen auf alle Beteiligten haben können. Es empfiehlt sich daher, rechtzeitig auf das Fingerspitzengefühl und die fachliche Expertise eines Anwalts zurückzugreifen, bevor das Kind sprichwörtlich in den Brunnen gefallen ist.