
Regeln über das Erscheinungsbild
Grundsätzlich darf jede Person ihr Erscheinungsbild so gestalten, wie sie will. Dieses ist ein Ausfluss des grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts. Insbesondere gilt dieses Recht auch für die Kleidung, die Frisur, Piercings, Tattoos, Fingernägellackierung usw. Dienstbekleidung der Piloten Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem aktuellen Urteil vom 30. September 2014 über die Dienstbekleidung des Cockpitpersonals einer Fluggesellschaft entschieden. Nach einer „Betriebsvereinbarung Dienstbekleidung“ hat das Cockpitpersonal dieses Unternehmens während des Flugeinsatzes eine Uniform zu tragen. Zu dieser gehört bei Piloten eine „Cockpit-Mütze“, die in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich getragen werden muss. Dagegen konnten Pilotinnen über das Tragen der „Cockpit-Mütze“ frei entscheiden, da diese nicht zur Uniform gehörte. Zur Rechtfertigung dieser Unterscheidung hat sich das Unternehmen auf das klassische Pilotenbild und die Frisurgestaltung weiblicher Cockpitmitglieder berufen. Das BAG entschied, dass die unterschiedliche Ausgestaltung der Tragepflicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße und somit unwirksam sei. Einheitliche Dienstkleidung im Möbelhaus Das Arbeitsgericht (ArbG) Cottbus beschäftigte sich mit einem Fall, in dem ein Möbelhaus alle Mitarbeiter im Verkauf und Information zu einer einheitlichen Dienstkleidung verpflichtete. Diese Kleidung sollten die Mitarbeiter für eine einmalige Zahlung des Arbeitgebers von 200 Euro selbst kaufen. Nach längerer Krankheit kam eine Einrichtungsberaterin zurück, trug jedoch nicht diese Dienstkleidung. Nach entsprechenden Abmahnungen kündigte der Arbeitgeber verhaltensbedingt. Fingernägel, Haarfarbe, Unterwäsche Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hatte am 18. August 2010 über einen Fall zu befinden, in dem ein Unternehmen, deren Beschäftigte am Flughafen die Passagiere kontrollierten, detaillierte Vorschriften über das Erscheinungsbild bestimmt hatte. Geregelt wurden z.B. die Länge und Lackierung der Fingernägel, die Art, wie sich Männer die Haare färben dürfen und dass die Mitarbeiter Unterwäsche und BH’s in Weiß oder Hautfarbe tragen müssten. Das LAG Köln hielt die Vorschriften ganz überwiegend für gerechtfertigt. Autor dieses Beitrags: Dr. Jan-Freerk Müller aus der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Müller & Caspers in Westerstede. Der Rechtsanwalt ist auch Fachanwalt für Arbeitsrecht mit den weiteren Tätigkeitsschwerpunkten Erbrecht, Privates Baurecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht. E-Mail: kanzlei@mueller-caspers.de ; Telefon: 04488 / 84 810.
Allerdings kann es unter Berücksichtigung des Betriebszwecks geboten sein, gewisse Regeln seitens des Arbeitgebers vorzugeben. Einerseits kann das Sicherheitsinteresse die Anordnung des Tragens von Schutzkleidung erforderlich machen. Andererseits kann ein einheitliches Erscheinungsbild oder ein betriebliches Selbstverständnis aufgrund einer Unternehmensphilosophie Hintergrund für die Anordnung einer bestimmten Kleidung etc. sein.
Über den Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers auf diesem Gebiet hatten in letzter Zeit einige Gerichte zu entscheiden.
In dem Kündigungsschutzverfahren erklärte die Mitarbeiterin, dass sie sich nicht grundsätzlich geweigert habe, die Dienstkleidung zu tragen. Allerdings reichten die 200 Euro des Arbeitgebers nicht für die Anschaffung der Dienstkleidung aus. Diese koste mindestens 350 Euro€, plus Zweit- und Drittgarnitur. Diese Anschaffung sei ihr bei einem Bruttomonatsgehalt von 1300 Euro nicht zuzumuten. Die Cottbuser Richter entschieden mit Urteil vom 20. März 2012, der Arbeitgeber habe wegen des betrieblichen Interesses an einem einheitlichen Erscheinungsbild der Mitarbeiter und der sofortigen Erkennbarkeit für die Kunden ein Weisungsrecht bei der Kleidung.
Dass die Angestellten die Kleidung selbst beschaffen, könne das Unternehmen ebenfalls anordnen. Allerdings könnten die Kosten nicht, auch nicht teilweise auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden. In diesem Fall sei der Betrag von 200 Euro jedoch ausreichend und die Kündigung daher wirksam.
So beuge die Vorschrift über die Länge der Fingernägel einer Verletzungsgefahr der Fluggäste vor. Die Regelung, die Fingernägel nur einfarbig zu lackieren, sei dagegen unwirksam. Die Farbe der Fingernägel sei für das einheitliche Erscheinungsbild durch eine einheitliche Dienstkleidung offensichtlich ohne Bedeutung.
Der Zwang, sich die Haare nur in natürlichem Ton zu färben, sei ebenfalls unwirksam. Denn alle Mitarbeiter hätten grundsätzlich ohnehin unterschiedliche Haarfarben und Frisuren. Diese Vorschrift sei nicht verhältnismäßig, da sie in die unmittelbar körperliche Integrität der Mitarbeiter eingreife, ohne dass dies durch den Zweck eines einheitlichen Erscheinungsbildes gerechtfertigt wäre. Dieses gilt insbesondere für die weitere Vorschrift, die das Tragen von künstlichen Haaren oder Einflechtungen verbietet.
Die Anordnung des Tragens von Unterwäsche sei dagegen gerechtfertigt, weil die im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Blusen und Hemden durch das Tragen von Unterwäsche geschützt und weniger schnell abgenutzt würden. Dabei sei aus Sicht des Gerichts auch unproblematisch, dass die Unterwäsche weiß oder in Hautfarbe sein müsse und keine Embleme, Beschriftungen oder Muster enthalten dürfe. Eine erhebliche Einschränkung des Persönlichkeitsrechts stelle diese Vorgabe nicht dar.