
Mundraub im Arbeitsrecht?
Dass Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 21. August 2014 ein Urteil in einem äußerst ungewöhnlichen Fall gesprochen. Die Betreiberin eines Krematoriums verlangte von einem ehemaligen Mitarbeiter Schadenersatz. ■ Das letzte Hemd hat keine Taschen: Nach diesem Motto handelten einige Mitarbeiter eines Krematoriums. Der Beklagte bediente einige Jahre die Einäscherungsanlage, bevor er ins Büro des Krematoriums, der Klägerin, wechselte und nur noch aushilfsweise Einäscherungen durchführte. Im Zuge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen schweren Bandendiebstahls, Störung der Totenruhe und Verwahrungsbruchs wurde bekannt, dass Beschäftigte der Klägerin die Asche der Verstorbenen gezielt nach Gegenständen durchsucht hatten. Bei Hausdurchsuchungen wurden Zahngold und erhebliche Geldbeträge gefunden, sowie in der Wohnung des Beklagten Unterlagen über Verkäufe von Edelmetall. Insgesamt handelte es sich u.a. um ca. 31,7 kg Gold. Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten fristlos. Eine hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos. ■ Herrenloses Zahngold: Das BAG erklärte dagegen, dass dem Arbeitgeber ein Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitnehmer zustehe. Denn wertvolle Metalle, die nach der Einäscherung eines Toten in der Asche übrig bleiben, sind herrenlos. Vor der Einäscherung seien künstliche Körperteile Bestandteil des Leichnams und daher nicht eigentumsfähig. Deshalb könnten sie mit dem Tod auch nicht auf die Erben übergegangen sein. Es gebe allerdings ein Verwahrungsverhältnis des Krematoriumsbetreibers an dem Körper des Toten. Dieses Verwahrungsverhältnis setzt sich an den verbleibenden Gegenständen fort. Der Krematoriumsbetreiber dürfe trotz fehlenden Eigentums diese Edelmetallrückstände zu seinen Gunsten verwerten. Nimmt ein Arbeitnehmer des Krematoriumsbetreibers diese Gegenstände an sich, müsse er sie an diesen herausgeben. Denn aufgrund des Arbeitsverhältnisses seien die entsprechenden Regeln zum Auftragsverhältnis analog anzuwenden. Mehr Vorteile als den normalen Lohn soll ein Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis nicht erlangen. ■ Ungewöhnlicher Fall: Der dargestellte Fall ist außergewöhnlich. Üblicherweise liegt einer außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in derartigen Fällen ein Delikt gegen das Eigentum bzw. das Vermögen des Arbeitgebers zugrunde. Doch auch in diesen Fällen kommen nicht nur die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auch ein Schadenersatzanspruch und evtl. weitergehende Ansprüche in Betracht. Autor: Dr. Jan-Freerk Müller, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Müller & Caspers, Westerstede. Der Rechtsanwalt ist auch Fachanwalt für Arbeitsrecht mit den weiteren Tätigkeitsschwerpunkten Erbrecht, Privates Baurecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht. kanzlei@mueller-caspers.de ; Tel.: 04488/ 84 810.
Nunmehr verlangte die Klägerin von dem Beklagten Schadenersatz in Höhe des in den Jahren 2003 bis 2009 mit dem Verkauf des Zahngoldes erzielten Erlöses, nämlich über 255 000 Euro. Diesen Erlös hatte der Beklagte mit seinen Mittätern für Mexikoreisen, Autos und Spielhallenbesuche verbraucht. Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage noch ab, da die Arbeitgeberin nicht Eigentümerin am Zahngold geworden sei.