
Müssen Eigentümer Fahrstuhl zustimmen?
Auch Gehbehinderter braucht die Zustimmung aller übrigen Eigentümer
Der gehbehinderte Kläger ist Eigentümer einer im fünften Obergeschoss gelegenen Wohnung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Einen Aufzug gibt es in dem zugehörigen Treppenhaus nicht. Mit einigen anderen Eigentümern gemeinsam beantragte der Kläger in der Eigentümerversammlung, den Antragstellern den Einbau eines Personenaufzugs in dem offenen Schacht in der Mitte des Treppenhauses auf eigene Kosten zu gestatten. Der Antrag wurde abgelehnt. Dagegen hat er geklagt mit dem Antrag, die WEG zur Duldung der Maßnahme auf seine Kosten zu zwingen. In erster Instanz ist die Klage abgewiesen worden, das Landgericht hat der Klage allerdings stattgegeben. Der BGH meint aber, einem Wohnungseigentümer sei es verwehrt, ohne Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer in dem gemeinschaftlichen Treppenhaus auf eigene Kosten einen Personenaufzug einzubauen, und zwar auch dann, wenn er aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen (Az.: V ZR 96/16). Das Landgericht hatte der Klage überwiegend stattgegeben. Der Kläger sollte danach die Kosten der Errichtung und des Betriebes sowie einer etwaigen späteren Beseitigung des Aufzugs tragen. Vor Baubeginn sollte er darüber hinaus eine Sicherheit für die spätere Beseitigung des Aufzugs leisten, und zwar in Höhe von 110 % der hierfür erforderlichen Kosten. Der BGH geht streng „WEG-rechtlich“ vor und weist die Klage ab. Eindeutig handele es sich um eine bauliche Maßnahme, die einen Nachteil im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG für die übrigen Miteigentümer auslöst, der „über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht“. Damit ist dann die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich. Aber der BGH belässt es nicht dabei. Immer erforderlich sei eine Interessenabwägung zwischen den Schutz des Eigentums und dem Benachteiligungsverbot für Behinderte. Diese Abwägung führe zwar nicht dazu, dass ein Duldungsanspruch für einen Fahrstuhl gegeben ist, sie wird in der Regel aber ergeben, dass die übrigen Wohnungseigentümer die Anbringung eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe durch einen Wohnungseigentümer dulden müssen, wenn dieser oder ein Angehöriger unter einer erheblichen Gehbehinderung leidet. Hier seien anders als bei einem Fahrstuhl nur unerhebliche Eingriffe in die Substanz des Gemeinschaftseigentums nötig und der Platz im Treppenhaus werde nicht übermäßig verengt. Dass die Wohnung des Klägers nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur schwer veräußerlich und für eine gehbehinderte Person nur mit einem Personenaufzug gut zu erreichen sei, führe nicht zu einem Anspruch des Klägers. Es habe sich damit ein Risiko verwirklicht, das der Kläger eingegangen ist, als er in der konkreten Region eine im fünften Obergeschoss gelegene Wohnung erworben habe, die mit niederschwelligen Hilfsmitteln wie einem Treppenlift nicht ohne weiteres zugänglich gemacht werden könne. Autor des Beitrags: Rechtsanwalt