
„Mallorca-Rentner“, aufgepasst!
Drei Jahre hatten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Zeit, die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung der neuen europäischen Erbrechtsverordnung (Verordnung Nr. 650/2012) zu ergreifen. In etwa drei Monaten, genauer gesagt am 17. August 2015, wird die EU-ErbVO für alle Erbfälle in der Europäischen Union mit Ausnahme von Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich gelten. Diese Rechtsänderung betrifft Erbfälle mit grenzüberschreitendem Bezug. Das sind laut Schätzungen immerhin ca. zehn Prozent der Erbschaften in Deutschland. Einen klassischen Anwendungsfall der neuen Verordnung bietet der sogenannte „Mallorca-Rentner“, also eine Person, die eine Freizeitimmobilie im südeuropäischen Ausland erwirbt oder ihren Lebensabend gleich ganz dort verbringt. Diese Konstellation kann im Erbfall zu erheblichen rechtlichen Problemen führen. Problematisch sind insbesondere Fälle sogenannter Nachlassspaltung. Hat ein Deutscher beispielsweise Eigentum an einem Ferienhaus in Frankreich, findet für das Ferienhaus französisches Erbrecht Anwendung, der restliche Nachlass unterliegt deutschem Erbrecht. Als weitere bedeutsame Neuerung führt die EU-ErbVO das „Europäische Nachlasszeugnis“ ein, das dem deutschen Erbschein ähnlich ist. Das europäische Nachlasszeugnis wird den deutschen Erbschein aber nicht ersetzen. Vielmehr dient das europäische Nachlasszeugnis dazu, dem EU-Bürger einen einheitlichen, in allen EU-Mitgliedstaaten anerkannten Nachweis seiner Erbenstellung an die Hand zu geben. Die EU-ErbVO ist ein wichtiger Schritt in Richtung einfacherer und sichererer Gestaltung und Abwicklung grenzüberschreitender Erbfälle. Trotzdem ist bei grenzüberschreitenden Sachverhalten auch nach Geltung der EU-ErbVO besondere Vorsicht geboten. Beispielsweise sind bestimmte Rechtsinstitute des deutschen Erbrechts, wie das Gemeinschaftliche Ehegattentestament, den ausländischen Rechtsordnungen und auch der EU-ErbVO unbekannt. Autor des Beitrags: Rechtsanwalt und Notar Dr. jur. Alexander Wandscher ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Rechtsanwaltskanzlei Wandscher & Partner; www.rae-wandscher.de .
Die neue EU-ErbVO schafft nun für solche Fälle eine einheitliche Regelung. In Zukunft kommt es für das anwendbare Erbrecht nicht mehr auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers oder die Belegenheit seines Vermögens an. Ab dem 17.08.2015 wird auf Erbfälle stets das Recht desjenigen Staates angewandt, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Das heißt, dass der echte „Mallorca-Renter“, der auf der Baleareninsel verstirbt, wird nunmehr hinsichtlich seines gesamten Nachlasses nach spanischem Erbrecht beerbt, wenn er dort seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Damit zeichnen sich gleich mögliche Zweifelsfälle ab: Was gilt für Personen, die lediglich die Wintermonate im Süden verbringen, den sonnigeren Teil des Jahres aber in Deutschland leben?
Um solche Zweifel auszuschließen, sieht die EU-ErbVO die Möglichkeit vor, in einem Testament eine ausdrückliche Rechtswahl zu treffen. Allerdings kann der Erblasser nur das Erbrecht desjenigen Staates wählen, dem er angehört. Dem deutschen „Mallorca-Rentner“ wird also, um im Beispiel zu bleiben, zu raten sein, ein Testament oder Erbvertrag zu errichten, in dem er für den Erbfall ausdrücklich das Recht der Bundesrepublik Deutschland wählt.
Darüber hinaus enthält die EU-ErbVO weitere Vorschriften zur Vereinheitlichung der gerichtlichen Zuständigkeiten sowie zur generellen Anerkennung und Vollstreckbarkeit erbrechtlich relevanter Entscheidungen im EU-Ausland.
Mit anderen Worten: Nur der ausschließlich deutsche Staatsangehörige, der sich sicher ist, Vermögen, einschließlich Finanzanlagen, ausschließlich in Deutschland zu haben und mit Sicherheit seinen gewöhnlichen Aufenthalt bis zu seinem Lebensende in Deutschland haben wird, braucht sich um die EU-ErbVO nicht zu kümmern. Wer nicht alle diese Punkte erfüllt, sollte juristischen Rat einholen.