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>Kündigung wegen Eigenbedarf für gewerbliche Nutzung erlaubt?

Kündigung wegen Eigenbedarf für gewerbliche Nutzung erlaubt?
Ohne ein berechtigtes Interesse kann der Wohnungsvermieter sich von einem Mietverhältnis nur in Ausnahmefällen lösen. Die Absicht der gewerblichen Nutzung kann ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses darstellen. So hatte der Bundesgerichtshof im Jahr 2012 entschieden, dass die Absicht, in der Wohnung eine Anwaltskanzlei einzurichten, den Eigentümer durchaus zur Kündigung des Mietvertrags berechtigen kann. Das Interesse an einer beruflichen Nutzung sei aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken (BGH, Az.: VIII ZR 330/11). Jetzt hat der Bundesgerichtshof neuerlich eine Entscheidung zu diesem Themenbereich gefällt, bei der er allerdings einerseits den – ohnehin häufig stark ausgelasteten – Instanzgerichten eine umfassende Pflicht zur detaillierten Einzelfallprüfung auferlegt. Andererseits macht der BGH im Grundsatz auch deutlich, dass es im Streit um Wohnungskündigungen oft um existenzielle Belange gehe, dem der Wunsch nach einer gewerblichen Nutzung nicht ohne weiteres gleichwertig gegenüberstehe. Der Vermieter müsse schwerwiegende Nachteile erleiden, wenn er die beabsichtigte Nutzung nicht ausüben könne, sonst überwiege das Interesse des Wohnungsmieters an einer Fortsetzung der Wohnungsnutzung. Im entschiedenen Fall wollte ein Unternehmensberater einen weiteren Arbeitsplatz und ein Archiv seines im selben Haus tätigen Unternehmens in der Wohnung einrichten. Der Bundesgerichtshof war der Meinung, dass alte Akten nicht zwingend in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Arbeitsplätzen untergebracht werden müssten, so dass die Kündigung der Wohnung nicht wirksam war (BGH VIII ZR 45/16). Rechtsanwalt René Castagna ist Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Rechtsanwaltskanzlei Wandscher & Partner;