
Kontaktabbruch ist grobe Verfehlung
Kinder haften nicht in jedem Fall für Eltern
Manchmal sind nicht nur Kinder auf Unterhaltszahlungen ihrer Eltern angewiesen. In späteren Jahren kann es auch umgekehrt sein und ein erwachsenes Kind muss für den Unterhalt des meist im Pflegeheim lebenden Elternteils aufkommen. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg (Aktenzeichen 4 UF 155/16) hat entschieden, dass eine Unterhaltsverpflichtung eines erwachsenen Kindes entfallen kann, wenn der bedürftige Elternteil seine eigene, frühere Unterhaltsverpflichtung ge-genüber dem Kind gröblich vernachlässigt hat und eine Inanspruchnahme insgesamt grob unbillig erscheint. In dem Anfang 2017 entschiedenen Fall hatte ein Vater über sechs Jahre lang gar nichts für die damals noch bedürftige minderjährige Tochter gezahlt, obwohl er in der Lage gewesen wäre, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Vater hatte darüber hinaus bei der Trennung von der Mutter per Einschreiben mitgeteilt, dass er von seiner alten Familie nichts mehr wissen wolle. Der Kontaktabbruch stelle eine grobe Verfehlung gegenüber der Tochter dar. Das OLG verwies in seiner Entscheidungsbegründung darauf, dass ein solcher Kontaktabbruch eine grobe Verfehlung gegenüber der Tochter und eine Verletzung der väterlichen Pflicht zu Beistand und Rücksicht darstelle. Der Kontaktabbruch sei auch nachhaltig gewesen. Allein die Einladung der Tochter zur neuen Hochzeit des Vaters und ein einmaliger Besuch der Tochter bei einem Krankenhausaufenthalt des Vaters führten noch nicht zu einer Wiederherstellung eines Vater-Tochter-Verhältnisses. Zwar stelle ein Kontaktabbruch nicht regelmäßig eine grobe Verfehlung dar, die zu einem Verlust des Unterhaltsanspruchs führe. Vorliegend komme aber neben den Kontaktabbruch noch die grobe Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind hinzu. Die Tochter habe als Kind nicht nur wirtschaftlich schlecht dagestanden. Sie habe auch die emotionale Kälte des Vaters durch den Kontaktabbruch erfahren müssen. Beides zusammen führe dazu, dass die Tochter als Erwachsene jetzt nicht mehr für den Vater einstehen müsse. Für eine Verwirkung von Unterhaltspflichten des Kindes gegenüber den Eltern bedarf es einer schweren Verfehlung des Elternteils in früheren Jahren. Ein krankheitsbedingtes Fehlverhalten beim Elternteil reicht dabei nicht aus. Auch Taktlosigkeit oder ein Kontaktabbruch allein genügen nicht. Hat das Kind seinem Elternteil für das Fehlverhalten verziehen, kann sich das Kind auf die Verwirkung nicht mehr berufen.