
Gericht räumt Gesetzgeber Frist bis Juni 2016 ein
Am 2. Juni 2015 hat die Finanzverwaltung den „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ veröffentlicht. 1. Abgrenzung des begünstigten Vermögens nach dem Hauptzweck Das Bundesverfassungsgericht hatte insbesondere die Verschonungsmöglichkeit trotz einer Verwaltungsvermögensquote bis zu 50 Prozent für verfassungswidrig erklärt. Aus diesem Grund wird im Referentenentwurf eine völlige Neuregelung des begünstigten Vermögens geschaffen. In Abkehr von dem bisherigen Verwaltungsvermögenskatalog sollen künftig nur noch die Betriebsvermögensteile in den Genuss der Begünstigung kommen, welche überwiegend dem Hauptzweck der unternehmerischen Tätigkeit dienen. Nicht überwiegend dem Hauptzweck der unternehmerischen Tätigkeit dienenden Vermögens fällt demnach grundsätzlich stets aus der Begünstigung raus. Allerdings wird der Nettowert des originär nicht begünstigten Vermögens bis zu einer Höhe von zehn Prozent des begünstigten Nettovermögens wie begünstigtes Vermögen behandelt. Dies begründet der Gesetzgeber damit, dass praktisch jeder Betrieb zur Erhaltung seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs auch in gewissem Umfang an Vermögen verfügen muss, welches nicht dem unternehmerischen Hauptzweck dient. 2. Lohnsummenregelung Weiterhin hat das Bundesverfassungsgericht die Ausnahme von Betrieben mit maximal 20 Beschäftigten für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erachtet. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Ausnahme von der Lohnsummenregelung im Referentenentwurf nur noch für Betriebe mit maximal 3 Beschäftigten festgelegt. Für kleine Betriebe mit 4 bis maximal 10 Beschäftigten wurde jedoch eine Erleichterung geschaffen. 3. Verschonungsbedarfsprüfung Letztlich hat das Bundesverfassungsgericht die Verschonung auch bei der Übertragung von großen Unternehmensvermögen ohne vorherige Bedürfnisprüfung als verfassungswidrig eingestuft. Mit der im Referentenentwurf aufgenommenen Verschonungsbedarfsprüfung bei dem Erwerb von großem begünstigtem Vermögen über 20 Mio. Euro will der Gesetzgeber die Verfassungswidrigkeit beseitigen. Unterhalb dieser Prüfschwelle bleibt es bei der bisherigen Verschonung. Im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung wird die zu zahlende Steuer erlassen, sofern der Erwerber nachweist, dass er diese nicht aus verfügbaren Vermögen begleichen kann. Zum verfügbaren Vermögen zählen dabei 50 Prozent des im Rahmen der Erbschaft bzw. Schenkung erworbene sowie dss bereits vorhandene nicht begünstigten Vermögens (auch Privatvermögen!). Außerdem wird der Erlass der Steuer u.a. an die Einhaltung einer Lohnsummenklausel sowie Behaltefrist geknüpft. 4. Zeitliche Anwendbarkeit Die Neuregelungen sollen erstmals auf Erwerbe angewendet werden, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung des Änderungsgesetzes entsteht. Damit will der Gesetzgeber von der durch das Bundesverfassungsgericht eröffneten Möglichkeit einer rückwirkenden Änderung wohl keinen Gebrauch machen. Unsere Empfehlung: Unternehmer, die sich aktuell mit dem Gedanken einer Unternehmensnachfolge tragen, sollten sich aufgrund der nach dem Referentenentwurf zu erwartenden deutlichen Verschärfungen der Verschonungsregelungen zeitnah um die Nachfolge kümmern. Autoren dieses Beitrags: Dipl-Wjur. (FH) / Steuerberater Simon Moorkamp ist Partner der KDK Steuerberatungsgesellschaft Korte Dierkes Moorkamp und Partner mbB in Oldenburg. Darüber hinaus engagiert sich Simon Moorkamp in der Aus- und Fortbildung insbesondere für die H.a.a.S. GmbH Seminare + Vortrag sowie die Hochschule Emden/Leer. Rechtsanwalt / Steuerberater Otto Korte ist Partner der KDK Korte Dierkes Röbke und Partner mbB sowie der KDK Steuerberatungsgesellschaft Korte Dierkes Moorkamp und Partner mbB jeweils in Oldenburg. Darüber hinaus ist Otto Korte in verschiedenen Aufsichtsgremien tätig.
Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 (1 BvL 21/12) hat das Bundesverfassungsgericht bekanntlich die für Betriebsvermögen geltenden Verschonungsregelungen in §§ 13a, 13b ErbStG für verfassungswidrig erklärt.
Das Gericht hat dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung bis zum 30. Juni 2016 eingeräumt.
Mit dem jetzt vorliegenden Referentenentwurf möchte der Gesetzgeber diesem Auftrag nachkommen.
Alternativ kann der Erwerber solcher großen Unternehmensvermögen auf unwiderruflichen Antrag die Gewährung eines Verschonungsabschlags verlangen. Dieser Verschonungsabschlag schmilzt in Abhängigkeit von der Höhe des Unternehmenswertes ab. Ab einem Unternehmenswert von 110 Mio. Euro beträgt der Verschonungsabschlag konstant 25 Prozent (bei Regelverschonung) bzw. 40 Prozent (bei Optionsverschonung).