
Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs
Systematischer Arbeitszeitbetrug rechtfertigt im Einzelfall eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Verstößt ein Arbeitnehmer vorsätzlich gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist dies geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dies gilt für einen vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf eine strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Aufgrund des erheblichen Vertrauensbruches ist im Einzelfall nicht einmal eine Abmahnung erforderlich. Auch eine langjährige Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers vermag hieran nichts zu ändern. Dies zeigt beispielhaft ein Urteil des BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10. In dem zu entscheidenden Fall war eine seit 1991 beschäftigte Verwaltungsfachangestellte gemäß einschlägiger Dienstvereinbarung verpflichtet Beginn und Ende der Anwesenheitszeit minutengenau zu dokumentieren. Die Arbeitnehmerin konnte ihre Arbeitszeit im Rahmen einer Gleitzeit vom 06:00 bis 22:00 Uhr selbst bestimmen. Die Dokumentation erfolgte mittels eines elektronischen Zeiterfassungssystems mit Hilfe des PC`s am Arbeitsplatz. Die Arbeitnehmerin hat an sieben aufeinanderfolgenden Tagen insgesamt 135 Minuten vorsätzlich fehlerhaft zu Lasten des Arbeitgebers als Arbeitszeit in der Zeiterfassung dokumentiert. Die Arbeitnehmerin habe, so das BAG, daher systematisch fehlerhafte Angaben gemacht, die einen Arbeitszeitbetrug darstellen und als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung herangezogen werden können. Eine Abmahnung der Arbeitnehmerin hat des BAG als nicht erforderlich betrachtet, da die für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage auch nicht nach Ausspruch einer Abmahnung wiederherstellbar gewesen wäre. Auch die bei der Prüfung einer außerordentlichen fristlosen Kündigung vorgenommene Interessenabwägung konnte das Fehlverhalten der Arbeitnehmerin nicht mehr in den Hintergrund rücken lassen. Zu berücksichtigen sind hierbei regelmäßig das Gewicht und die Auswirkung der Pflichtverletzung und die Auswirkungen einer Pflichtverletzung –etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen-, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Trotz der unbeanstandeten Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmerin von gut 17 Jahren fiel die vorzunehmende Interessenabwägung angesichts des mit dem Arbeitszeitbetrug verbundenen schweren Vertrauensbruches zu Lasten der Arbeitnehmerin aus. Die Störung des Vertrauensverhältnisses wiege nach Ansicht des BAG besonders schwer, und zwar unabhängig davon, ob eine Wiederholungsgefahr dadurch ausgeschlossen werden könnte, dass die Arbeitnehmerin aus der Gleitzeit herausgenommen werden würde. Fazit: Arbeitnehmer sind gehalten, gerade wenn sie bei der Arbeitszeitgestaltung Freiräume genießen, auf eine genaue und korrekte Arbeitszeitdokumentation zu achten. Anderenfalls kann der Vorwurf eines Arbeitszeitbetruges schnell im Raum stehen und zu weitreichenden Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung führen. Arbeitgeber, die mit Arbeitszeitbetrugsfällen in ihrem Betrieb konfrontiert werden, haben nach ständiger Rechtsprechung des BAG die reelle Chance das Arbeitsverhältnis zum betroffenen Mitarbeiter aufgrund des schwerwiegenden Vertrauensbruchs wirksam fristlos zu kündigen. Letztlich ist jedoch in jedem Fall eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. RA Arne Eylers, Schwerpunkte in den Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht und Verwaltungsrecht;