Fristlose Kündigung unverhältnismäßig
Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg: Keine Kündigung wegen entwendeter Brötchen
Während früher wegen der Entwendung auch geringwertiger Gegenstände ober Lebensmittel auf Grund des verlorenen gegangenen Vertrauens eine fristlose Kündigung als begründet angesehen wurde, hat das Bundesarbeitsgericht im Fall der Supermarktkassiererin „Emmelie“ (Unterschlagung eines Pfandbons in Höhe von 1,30 Euro€) solche ausgesprochenen Kündigungen für unwirksam gehalten. In einem ganz aktuellen Fall des Arbeitsgerichtes Hamburg ging es nun um acht belegte Brötchenhälften, die eine Krankenschwester aus dem Kühlschrank des Pausenraums genommen und mit ihren Kolleginnen verzehrt hatte. Diese Brötchenhälften waren aber ursprünglich für externe Mitarbeiter vorgesehen. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin dieser Krankenschwester nach 23 Dienstjahren fristlos. Das Arbeitsgericht Hamburg hielt diese fristlose Kündigung für unverhältnismäßig. Als milderes Mittel hätte der fristlosen Kündigung zunächst eine Abmahnung vorausgehen müssen. Auch der Diebstahl geringwertiger Gegenstände kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen, doch sei bei Diebstählen eine Abmahnung nicht grundsätzlich entbehrlich. Es bedürfe einer Einzelfallprüfung, ob das verloren gegangene Vertrauen durch eine Abmahnung wieder hergestellt werden könne. Wichtig sei hierbei auch, ob der betreffende Arbeitnehmer bei seinen Pflichtverletzungen heimlich oder offen gehandelt habe. Im vorliegenden Fall hatte die Krankenschwester auf Vorhalt sofort eingeräumt, diese Brötchen aus dem Kühlschrank entnommen zu haben, weil ihr eigenes Essen gestohlen worden sei. Dieses offene Verhalten der Krankenschwester sowie ihre 23 Jahre beanstandungsfreie Tätigkeit wurden der Klägerin zu Gute gehalten, so dass die ausgesprochene fristlose Kündigung für unverhältnismäßig gehalten wurde. Eine Abmahnung sei ausreichend gewesen. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig (Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 10.7.2015, AZ 27 Ca 87/15). Der Autor, Rechtsanwalt Manfred Collmann , ist Partner der Sozietät Collmann & Stuke in Westerstede. Sein Aufgabengebiet umfasst schwerpunktmäßig das Arbeitsrecht, Verkehrsrecht und den Forderungseinzug (Inkasso).