Die vergessene Zahnbürste
Kein Anspruch auf Sozialleistungen in Bedarfsgemeinschaft
Angeno mmen, ein Paar lebt in nichtehelicher Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt. Der Mann ist berufstätig und bezieht ein Einkommen, mit dem er problemlos sowohl sich als auch seine Partnerin unterhalten kann. Dann bestehen – anders als in einer Ehe – in der Regel gerade keine gesetzlichen Unterhaltsansprüche. Ist die Partnerin dann ohne eigenes Einkommen, so kann man daran denken, dass sie doch einen Anspruch auf Sozialleistungen haben müsste, weil sie eben von dem Partner nichts verlangen kann. Diesen Anspruch hat sie aber nicht. Trotz des fehlenden Unterhaltsanspruchs ist nämlich bei Personen, die in einer so genannten Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Das heißt: Hat dieser ein Einkommen, das ausreicht, um sich und die Partnerin zu unterhalten, entfällt deren Anspruch auf Sozialleistungen, den sie, würde sie allein leben, hätte. Wie ist das zu begründen? Würde man nicht so verfahren, wäre die nichteheliche Lebensgemeinschaft besser gestellt als die Ehe, was aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geht. Wären die Partner nämlich verheiratet, so hätte die Partnerin ohne eigenes Einkommen gegen den anderen einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch, könnte also Sozialhilfe nicht beanspruchen. Nun kann es aber nicht angehen, dass für solche Partner, die nicht heiraten und eheähnlich zusammenleben, etwas anderes gilt und deshalb werden beide so behandelt, als würde der Partner mit Einkommen seine Lebensgefährtin unterhalten. Alles andere wäre eine Benachteiligung der Ehe. Deshalb wird die nichteheliche Lebensgemeinschaft sozialrechtlich wie die Ehe behandelt, obwohl in ihr gesetzliche Unterhaltsansprüche nicht bestehen. Voraussetzung ist allerdings, dass beide Partner in einer so genannten Bedarfsgemeinschaft leben. Eine Bedarfsgemeinschaft liegt u.a. vor, wenn die bedürftige Person mit einer erwerbstätigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammen lebt, dass nach „verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“. Natürlich ist diese subjektive Sichtweise nur schwer festzustellen. Deshalb begründet das SGB eine gesetzliche Vermutung: Leben die Partner länger als ein Jahr zusammen, leben sie mit einem gemeinsamen Kind in einem Haushalt, werden Kinder oder Angehörige eines Partners im Haushalt versorgt oder sind die Partner befugt, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen, so liegt es bei dem Hilfebedürftigen, den Nachweis zu erbringen, dass man nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, was zumeist nicht gelingen wird. Hier kommt nun die vergessene Zahnbürste ins Spiel. Findet sich nämlich im Bad einer Sozialhilfeempfängerin oder eines Sozialhilfeempfängers außer deren oder dessen eigener noch eine weitere Zahnbürste, so wird natürlich sogleich der Eindruck erweckt, als wohnten hier zwei Personen in einem Haushalt, was sogleich den Ausschluss der Sozialleistungen, wenigstens aber kritische Nachfragen zur Folge haben kann. Natürlich kommen auch andere Indizien in Betracht, sei es die Nachtwäsche, der für zwei Personen gedeckte Frühstückstisch oder die Kleidung im Schrank. Wird aber einer der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft von dem anderen tatsächlich unterstützt und verliert dieser als Folge des Zusammenlebens seinen Anspruch auf Sozialleistungen, so erfolgt zugunsten des Leistenden ein Ausgleich über das Steuerrecht. Der leistende Partner hat nämlich die Möglichkeit, seine Aufwendungen zugunsten des anderen als außergewöhnliche Belastung gem. § 33a EStG bis zur Höhe von 8.354 € pro Jahr von seinem zu versteuernden Einkommen abzuziehen. Autorin des Beitrags: Maike Chandra, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht und Familienrecht.
Einzelfall kann sie sich aber höchst ärgerlich
auswirken.