
Wesentliche Merkmale einer bilanziellen Überschuldung
Unterscheidung von Vermögen und Schulden – Analysen und Prognosen
Diese Einberufungspflicht greift, wenn der Sachverhalt bei pflichtmäßigem Ermessen anzunehmen ist. Im Hinblick auf eine Fortführungsprognose des Unternehmens ist neben der Zahlungsunfähigkeitsprognose auch eine substanzorientierte Betrachtung erforderlich. Als Vorstufe der Überschuldung ist die Unterbilanz anzusehen. Das bedeutet, der Verlust zehrt einen Teil des Stammkapitals/Eigenkapitals auf. Liefert die erste Überprüfung Hinweise zur Überschuldung, sind vertiefende Untersuchungen erforderlich. Insbesondere die Prüfungscluster „finanzielle Umstände“, „betriebliche Umstände“ und „sonstige Umstände“ sind zu unterscheiden. Folgende Prüfungsmerkmale machen das deutlich: Wenn die Schulden das Vermögen übersteigen, die kurzfristigen Schulden das Umlaufvermögen übersteigen, übermäßige kurzfristige Finanzierung langfristiger Vermögenswerte, ungünstige finanzielle Schlüsselkennzahlen und erhebliche Verluste oder Wertminderungen bei betriebsnotwendigen Vermögen. Treten bei der detaillierten Prüfung begründete Zweifel auf, ist eine erweiterte Analyse durchzuführen. Für die Aussagekraft eines Vergleichs des vorhandenen Vermögens mit den bestehenden Schulden zur Feststellung einer Überschuldung ist entscheidend, wie die Begriffe Vermögen bzw. Schulden abgegrenzt werden. Eine nachvollziehbare Abgrenzung kann folglich nur aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung abgeleitet werden. Da es für den Begriff „Schulden“ im Handelsrecht ebenso wenig eine Legaldefinition gibt wie für den Begriff des Vermögensgegenstandes, ist auch hier eine Abgrenzung über die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erforderlich. In diesem Zusammenhang ist die Änderung des § 19 Insolvenzordnung durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz zum Tatbestand einer insolvenzrechtlichen Überschuldung mit Wirkung seit dem 18.10.2008 zu beachten, die zunächst bis zum 31.12.2013 verlängert wurde. Im Zuge des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess vom 05.12.2012 wurde die Änderung des § 19 Abs. 2 dauerhaft entfristet.