
Begehrlichkeiten der Kinder zügeln
Das Dilemma mit der testamentarischen Pflichtteilsklausel
Um die Begehrlichkeiten der Kinder zu zügeln, wird regelmäßig die Verwendung einer Pflichtteilsklausel empfohlen:„Sollte eines unserer Kinder nach dem Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangen, so ist es nach dem Tode des Längstlebenden von der Erbfolge ausgeschlossen.“Nicht ausgeschlossen ist damit der Pflichtteilsanspruch, den das entsprechende Kind auch noch nach dem Tod des längstlebenden Elternteiles hat. Eine andere Formulierung, die auf den ersten Blick dasselbe Ergebnis erzielt lautet:„Sollte eines unserer Kinder nach dem Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangen, so soll es nach dem Tode des Längstlebenden ebenfalls nur den Pflichtteil erhalten.“Diese Formulierung wird oftmals verwendet, da sie nicht ganz so streng klingt. Manchmal verwenden Eheleute, die in zweiter Ehe verheiratet sind, eine solche Pflichtteilsklausel, obwohl Stiefkinder bezüglich des Nachlasses des Stiefelternteils überhaupt keinen Pflichtteilsanspruch haben. In derartigen Fällen kann es je nach Formulierung zu gravierenden Unterschieden kommen, wie eine Entscheidung des BGH vom 27. Februar 1991 (Aktenzeichen IV ZR 293/89) zeigt. Dort hatten sich Ehegatten zunächst gegenseitig zu Alleinerben und nach dem Tode des Längstlebenden die Kinder des Ehemannes aus erster Ehe zu Schlusserben eingesetzt. Das Testament enthielt eine Pflichtteilsklausel, wonach die Kinder des Ehemannes bei Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tode des Erstversterbenden auch nach dem Tode des Längstlebenden nur den Pflichtteil erhalten sollen. Das OLG Karlsruhe als Vorinstanz (Aktenzeichen 14 U 224/87) kam zu dem Ergebnis, dass mangels eines tatsächlich bestehenden Pflichtteilsanspruchs nach der Stiefmutter von den Eheleuten ein Vermächtnis in Höhe des theoretischen Pflichtteilsanspruchs gewollt gewesen sei. In dieser Auffassung wurde das OLG Karlsruhe durch den BGH bestätigt. Obwohl die Töchter nach dem Tode des Vaters den Pflichtteil geltend gemacht haben und nach dem Tod der Stiefmutter rechtlich gesehen keinen Pflichtteilsanspruch gehabt hätten, haben sie gegen die Erben der Stiefmutter einen Vermächtnisanspruch in Höhe des theoretischen Pflichtteilsanspruchs zugesprochen bekommen. Sicherlich ist diese Entscheidung nicht generell zu verallgemeinern. Ihre Anwendung hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass eine solche Rechtsprechung die Tendenz zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils erhöht. Beabsichtigen die Eheleute, mit dem Testament zu Schlusserben eingesetzte Stiefkinder weitestgehend an der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen zu hindern, so empfiehlt sich eine Pflichtteilsklausel folgenden Inhalts: „Sollte eines unserer Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangen, so ist es nach dem Tode des Längstlebenden von der Erbfolge ausgeschlossen.“ Zur Verstärkung einer Pflichtteilsklausel bei gemeinsamen Kindern empfiehlt sich der Zusatz: „In diesem Fall erhalten diejenigen Kinder, die keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen, ein Vermächtnis in Höhe des Wertes ihres gesetzlichen Erbteils, fällig nach dem Tode des Längstlebenden.“ Hierdurch wird der Nachlass des Längstlebenden geschmälert, ohne dass dem Längstlebenden tatsächlich Vermögen entzogen wird. Damit wird der Pflichtteil nach dem Tod des Längstlebenden und dementsprechend die Neigung der Kinder, den Pflichtteil geltend zu machen, auf ein Minimum reduziert.