
Auftragsmangel allein reicht nicht
Voraussetzung einer wirksamen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen
In einem mittelständischen Unternehmen mit 380 Arbeitnehmern waren mit der Abwicklung eines größeren Auftrags 20 Mitarbeiter beschäftigt. Als dieser Auftrag auslief und eine Neuausschreibung vom Kunden angekündigt wurde, sah sich das Unternehmen dazu gezwungen, einen Großteil dieser Arbeitnehmer zu entlassen. Der Unternehmer argumentiert Als Inhaber eines mittelständischen Unternehmens muss ich meine Personalplanung an den jeweils anstehenden Aufträgen ausrichten. Ich kann immer nur so viele Leute behalten, wie ich nach der Auftragslage benötige. Ich hätte lieber alle Mitarbeiter befristet behalten, denn nur mit den eingearbeiteten, bewährten Teams sind wir wettbewerbsfähig. Aufgrund der Gesetzeslage ist mir jedoch die Befristung eines Arbeitsverhältnisses, das vorher unbefristet bestand, nicht möglich. Daher muss ich Personal abbauen. Der Arbeitnehmer wendet ein Es mag sein, dass sich die Auftragslage momentan verschlechtert hat. Allerdings können eventuell in absehbarer Zeit neue Aufträge gewonnen werden. Außerdem ist mein Arbeitsplatz durch Auftragsrückgang nicht unmittelbar betroffen. Selbst wenn dieses der Fall wäre, könnte ich auf einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen eingesetzt werden. Schließlich muss berücksichtigt werden, dass ich bereits seit acht Jahren im Unternehmen beschäftigt bin. Wenn schon Kündigungen erfolgen müssen, ist zunächst den Mitarbeitern zu kündigen, die eine kürzere Beschäftigungszeit aufweisen. Die Rechtslage Grundsätzlich kann in Fällen, in denen wegen Auftragsrückgangs nicht mehr genügend Arbeit für alle Beschäftigten vorhanden ist, eine betriebsbedingte Kündigung wirksam sein. Die Wirksamkeit einer Kündigung setzt ein dringendes betriebliches Erfordernis voraus, das durch einen Auftragsmangel begründet werden kann. Im Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber zu dem behaupteten Auftragsmangel überprüfbare tatsächliche Angaben machen. Insbesondere ist vom Arbeitgeber darzulegen, wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirken. Es muss erkennbar sein, ob durch den Auftragsmangel das Bedürfnis an der Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, ist weiterhin erforderlich, dass der Arbeitnehmer nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen weiter beschäftigt werden kann. Dabei ist auch eine angemessene Einarbeitungszeit zu akzeptieren. Ist nach diesen Vorgaben die Kündigung eines Arbeitnehmers unerlässlich, muss eine Sozialauswahl zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern vorgenommen werden. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur sozialen Auswahl hat die Funktion, diejenigen Arbeitnehmer zu ermitteln, die von einer Kündigung sozial am wenigsten betroffen sind. Im Rahmen der Sozialauswahl ist jedoch die Dauer der Betriebszugehörigkeit nur eines von vier Kriterien. Die weiteren Kriterien lauten Lebensalter, Anzahl der Unterhaltspflichten und Vorhandensein einer Schwerbehinderung. Bei der Gewichtung dieser Kriterien steht dem Arbeitgeber ein gewisser Spielraum zu. Selbst wenn eine betriebsbedingte Kündigung wegen Arbeitsmangels wirksam wäre, kann sich bei Besserung der Auftragslage ein Anspruch des gekündigten Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung ergeben. Fazit: Eine betriebsbedingte Kündigung wegen Arbeitsmangels ist möglich. Die Voraussetzungen an die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sind jedoch vielfältig. Sobald nur eine Voraussetzung nicht erfüllt ist, führt dieses zur Unwirksamkeit der Kündigung. Aus diesem Grund ist auch bei einem eindeutigen dringenden betrieblichen Erfordernis wie z.B. eines erheblichen Auftragsrückgangs ein hohes Risiko beim Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung gegeben, so dass eine sorgfältige und kompetente Vorbereitung erforderlich ist.