
Aktuelle Entscheidung im Erbrecht zur Erbfolge
Der Wegfall eines testamentarisch vorgesehenen Erben hat im Zweifel zur Folge, dass dessen Abkömmlinge (insbesondere Kinder) ersatzweise an dessen Stelle treten, sofern dies auch bei der gesetzlichen Erbfolge der Fall wäre. Dies folgt aus § 2069 BGB. Der Wegfall kann nicht nur auf dem Tod des Erben sondern auch auf dessen Ausschlagung der Erbschaft beruhen. Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg musste sich in einer Entscheidung vom 23. April 2013 (Aktenzeichen 5 U 34/12) mit der Frage befassen, ob es auch dann zu einer Ersatzerbfolge im Sinne des § 2069 BGB kommt, wenn der Erbe gemäß § 2306 BGB die Erbschaft ausschlägt und stattdessen den Pflichtteil geltend macht. In dem betreffenden Fall hatte der Erblasser seine zweite Frau zur Vorerbin und seine Tochter aus erster Ehe zur Nacherbin eingesetzt. Autor dieses Beitrags: Dr. Ulf Künnemann ist Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Steuerrecht sowie Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht mit den Tätigkeitsschwerpunkten Erbrecht, Gesellschaftsrecht und Unternehmensnachfolge, mit Kanzlei in Oldenburg und Westerstede; Telefon: 0441/36 16 26 00 und 04488/520 41 10; E-Mail: mail@ra-kuennemann.de.
Werden pflichtteilsberechtigte Personen als testamentarische Erben durch die Einsetzung eines Nacherben, eine Teilungsanordnung oder die Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschwert, so haben Sie die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen und stattdessen den Pflichtteil geltend zu machen (§ 2306 BGB).
Die Tochter hat die Nacherbschaft ausgeschlagen und den Pflichtteilsanspruch in der Erwartung geltend gemacht, dass zugleich ihre Kinder bezüglich der Nacherbschaft an ihre Stelle treten.
Entgegen der Vorinstanz (Landgericht – LG – Aschaffenburg) hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg § 2069 BGB nicht für anwendbar erachtet und sich damit einer älteren Rechtsprechung des BGH angeschlossen.
Nach Auffassung des OLG Bamberg darf es aufgrund eines Zusammenspiels zwischen den beiden genannten Vorschriften nicht zu einer Doppelbegünstigung eines Familienstammeskommen. Die Kinder der Tochter kamen daher nicht in den Genuss der Nacherbschaft.
Das OLG Bamberg hat allerdings auch festgestellt, dass es selbst ohne die Anwendung von § 2069 BGB im Einzelfall zu einer Ersatznacherbfolge kommen kann, wenn sich dies aus dem Willen des Erblassers ergibt.
Wieder einmal zeigt es sich, dass zur Vermeidung streitiger Auseinandersetzungen über den Nachlass eine qualifizierte erbrechtliche Beratung erforderlich ist. Umgekehrt sollte bei taktischer Ausschlagung einer Erbschaft genauestens überprüft werden, welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben.