Dipl.-Ing. (FH) Architekt Wolfgang Wulfes, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden sowie Bundesfachbereichsleiter Bauwesen im BVS (Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V.) gibt Auskunft für wichtige Bauthemen, die Verbraucher wissen und beachten sollten. Herr Wulfes, Sie sind öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden. Erklären Sie bitte kurz aus Ihrer Fachsicht, was man unter einer Renovierung versteht. | ? |
Unter Renovierung versteht man Maßnahmen zur Instandsetzung von Bauwerken. Man beseitigt Schäden aufgrund von Abnutzung, die durch den gewöhnlichen Gebrauch entstanden sind und stellt den ursprünglichen Stand wieder her.
Wie grenzt sich der Begriff Renovierung von der Sanierung und Modernisierung ab | ? |
Wird bei einem Bauwerk durch Maßnahmen zur Behebung eines Schadens ein besserer als der vorhandene Zustand hergestellt, ist dies im Gegensatz zur Renovierung eine Sanierung. Ein besserer Zustand kann z.B. erreicht werden, wenn die Maßnahmen dem aktuellen Stand der Technik und/oder den aktuellen Bauvorschriften entsprechen.
Wird darüber hinaus auch der Gebrauchswert der Wohnung erhöht, spricht man von Modernisierung. Das sind z.B. Maßnahmen zur Verbesserung des Wärme- Feuchte oder Schallschutzes oder auch andere Raumaufteilungen oder Modernisierungen der Wasser- und Stromversorgung.
Dürfen die Kosten für die Sanierung oder Modernisierung auf den Mieter umgelegt werden? Und falls ja, in welchem Umfang | ? |
Genaue Auskunft gibt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Dort ist alles zu diesem Thema gesetzlich verankert. Seit dem 1.4.2013 gilt das Mietrechtsänderungsgesetz. In diesem Rahmen wurde der § 559 des BGB neu gefasst.
Darf die Miete nach einer Sanierung oder Modernisierung steigen? Falls ja, in welchem Umfang | ? |
Dies wird durch den vorgenannten § 559 BGB geregelt. Es ist, wie immer bei Gesetzen, nicht ganz einfach zu durchblicken. Eine pauschale Aussage, in welchem Umfang die Miete steigen darf, ist nicht möglich.
Hat der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, so kann er die jährliche Miete gemäß § 559 BGB ausschließlich für die genannten Maßnahmen um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Ich möchte im Kontext darauf hinweisen: Die 11-Prozent-Regel ist politisch gerade in der Diskussion. Einige der politischen Parteien fordern hier eine Änderung des Gesetzes auf niedrigere Prozent-Sätze. Die Sätze werden von den Parteien aber unterschiedlich gefordert.
Wie oft darf der Vermieter Sanierungen oder Modernisierungen durchführen? | ? |
Das ist meines Wissens nicht geregelt.
Erklären Sie den Begriff energetische Sanierung oder Modernisierung | ? |
Wenn eine Sanierung oder Modernisierung durchgeführt wird, um die für das Gebäude erforderliche Heiz-, Kühlungs- oder Lüftungsenergie zu reduzieren, spricht man von einer energetischen Sanierung oder Modernisierung. Also alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um Energie zu sparen (siehe § 555b, Absatz 1 BGB).
Gibt es Besonderheiten bei der energetischen Sanierung oder Modernisierung | ? |
Energetische Sanierungen oder Modernisierungen sollten/müssen so durchgeführt werden, dass keine neuen Schäden durch Feuchtigkeit oder Schimmel entstehen können.
Beispiel: Es werden im Zuge einer energetischen Sanierung nur die Fenster getauscht, die Fassade aber nicht gedämmt. Dann kann es wegen der nun dichteren Gebäudehülle zu Schimmelpilzwachstum an den weiterhin schlecht gedämmten Außenwänden kommen, wenn nicht auch das Wohn- und Lüftungsverhalten geändert wird. In bestimmten Fällen kann es auch bei angepasstem Wohn- und Lüftungsverhalten zu Schimmelpilzwachstum kommen. Deshalb ist die Hinzuziehung von Fachleuten bei der Sanierungsplanung wichtig. Fachleute sind Architekten, Bauingenieure oder Sachverständige. Ein Handwerker ist in der Regel kein Fachmann, der die Auswirkungen der Sanierungsmaßnahme beurteilen kann.
Welche Maßnahmen gehören zur energetischen Sanierung oder Modernisierung | ? |
Dazu gehören beispielsweise die Wärmedämmung (Fassade, Kellerdecke Dach), der Austausch der Fenster und der Heizzentrale, die Verwendung alternativer Energien (Wärmepumpe, Solarenergie und Photovoltaik) oder der Einbau einer kontrollierten Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung.
Stichwort Dämmung: Wer darf Dämmmaßnahmen durchführen | ? |
Das ist meines Erachtens nicht geregelt. Wärmedämmmaßnahmen sollten aber nur von ausgewiesenen Fachfirmen auf Basis einer Sanierungsplanung durchgeführt werden.
Worauf sollten Hausbesitzer/Hausverwaltungen bei der Dämmung achten | ? |
Auf das Material der Wärmedämmung, des Putzes und des Anstriches von Fassadendämmungen ist zu achten (angepasst auf die Belastungen durch Sonneneinstrahlung, Feuchteeinwirkung (z.B. am Gebäudesockel), mechanische Einwirkungen (z.B. wenn das Gebäude unmittelbar am Bürgersteig steht).
Die Wärmedämmung der Fassade darf nur mit bauaufsichtlich zugelassenen Systemen durchgeführt werden und die durch Bauordnungen geregelten brandschutztechnischen Auflagen und Vorschriften müssen beachtet werden.
Material der Wärmedämmung, des Putzes und des Anstriches von Fassadendämmungen | ? |
Das Material der Wärmedämmung, des Putzes und des Anstrichs sollte die vorgenannten Belastungen und Vorschriften berücksichtigen. Die Wahl ist mit dem Planer der Sanierung und der ausführenden Firma zu besprechen. Achtung: Es sollte bedacht werden, dass dunkle Farben die Oberflächentemperaturen der Fassade erhöhen und sehr empfindlich bei Ausbesserungen des Farbanstriches sind. Das erhöht eventuelle Reparaturkosten, weil oft die gesamte Fassadenfläche auch bei kleineren Reparaturen gestrichen werden muss.
Bei Wärmedämmung der Kellerdecke (von unten):
Es ist zu überprüfen, ob der Brandschutz beachtet werden muss. Polystyrolplatten sind in vielen Fällen nicht ausreichend brandsicher. Gegebenenfalls auch die Stoßfestigkeit beachten, damit beim üblichen Gebrauch der Kellerräume keine Beschädigungen an der Dämmung entstehen.
Bei Wärmedämmung des Dachbodens:
Bei Dämmung auf dem Fußboden des Dachbodens müssen Trittfestigkeit und Feuchteunempfindlichkeit beachtet werden.
Bei Dämmung der Dachfläche (geneigtes Dach):
Die bauphysikalischen Besonderheiten des geneigten Daches sind zu beachten (Dampfsperre). Hier muss auf jeden Fall ein Fachmann mitwirken.
Bei Dämmung des Flachdaches:
Neben der Wahl des Materials muss auch die Dachdichtung und die Dachentwässerung beachtet werden. Auch hier ist die Mitwirkung eines Fachmannes unbedingt erforderlich.
Allgemein:
Durch die Dämmung dürfen sich die trotzdem nicht zu behebenden Wärmebrücken in ihrer Wirkung nicht verstärken. Sonst droht in Bereichen mit Wärmebrücken verstärkt Schimmelwachstum.
Ist Dämmung immer sinnvoll | ? |
Grundsätzlich ja, aber: In vielen Fällen ist Dämmung problematisch. Unmittelbar an Bürgersteigen stehende Häuser können nur mit Genehmigung der Gemeinde gedämmt werden, weil durch die Wärmedämmung eventuell fremde Grundstücke (Bürgersteige) überbaut werden. Die erforderliche Dämmung des Sockelbereiches (zwischen Erdgeschoss und Kellergeschoss) ist oft nur mit hohem Aufwand verbunden (Aufgrabungen) oder es ist gar nicht möglich (z.B. wenn direkt am Gebäude eine Garage angebaut ist). Bei eng aneinander stehen Häusern (auch bei Einfamilienhäusern) können wegen der durch die Dämmung dicker werdenden Außenwände die Mindestabstände zwischen den Häusern unterschritten werden. Denkmalgeschützte Häuser dürfen nur in Absprache mit den Denkmalpflegeämtern verändert werden. Eine Dämmung kann eventuell so teuer sein, dass sich durch die Heizkosteneinsparung die Investition nicht in angemessenem Zeitraum (ca. 25 – 30 Jahre) amortisiert.
Welche Vorteile und welche Nachteile bietet die Dämmung | ? |
Vorteile sind sicherlich die Energieeinsparung, wärmere Außenwandoberflächen, dadurch behaglichere Temperaturen in der Wohnung und die Vermeidung von Zugluft. Als Nachteile sind zu nennen: Der hohe Aufwand, der sich eventuell sehr spät oder gar nicht rechnet; die Außenwände werden empfindlicher gegen mechanische Einwirkungen. Da das Gebäude dichter wird, muss das Wohn- und Lüftungsverhalten geändert werden.
Es kursieren Gerüchte wie „Dämmung lässt Schimmel entstehen“. Was sagen Sie als Fachmann hierzu | ? |
Grundsätzlich kann durch die Dämmung kein Schimmel entstehen. Am häufigsten hört man im „Volksmund“, dass durch die Polystyroldämmung - landläufig als Styropor bezeichnet - die Wände nicht mehr atmen können. Aber: Wände können nicht atmen, andere Auffassungen sind falsch! Die Außenwände sind dicht, da dringt keine Luft durch. Das ist auch gut so, sonst würde es in den Wohnungen Zugluft geben. Die Dämmung lässt in der Regel die in der Wand vorhandene Feuchtigkeit sogar besser durch, als durch die vorhandenen Wände. Beim Dachgeschossausbau muss ganz besonders auf richtige Konstruktionen geachtet werden. Hier muss die Dämmmaßnahme von Fachleuten geplant und vorhandene Wärmebrücken müssen mit in die Sanierungsplanung einbezogen werden, Nutzer müssen Wohn- und Lüftungsverhalten ändern, oder es müssen technische Zwangslüftungen eingebaut werden.
Erklären Sie kurz, wann entsteht Schimmel | ? |
Schimmel benötigt zum Wachstum entsprechende Temperaturen, Nahrung und Feuchtigkeit. Temperaturen über 0 Grad reichen aus, Nahrung ist immer vorhanden (Wandfarbe und Staub aus der Luft reichen aus). Dagegen kann man nichts machen. Zur Vermeidung von Schimmelpilzwachstum kann man als Nutzer/Bewohner ausschließlich dafür sorgen, dass keine zu hohen Feuchtigkeitswerte entstehen. Zu hohe Feuchtigkeit kann durch bauliche Mängel entstehen. Diese müssen beseitigt werden. Hier hat der Nutzer wenig bis keinen Einfluss. Zu hohe Feuchtigkeit kann aber auch durch die Nutzer entstehen. Nur durch entsprechendes Wohn- und Lüftungsverhalten kann zu hohe Feuchtigkeit vermieden werden. Merksatz: Lüften heißt entfeuchten. Werden bauliche Gründe beseitigt und das Nutzerverhalten gegen die Entstehung von zu hoher Feuchtigkeit beachtet, kann kein Schimmel entstehen.
Welche Maßnahmen kann man gegen Schimmel ergreifen | ? |
Bei baulichen Mängeln, die so gravierend sind, dass Schimmelpilzwachstum nicht vermieden werden kann, müssen diese beseitigt werden. Allerdings ist nicht jeder bauliche Mangel so gravierend, dass Maßnahmen erforderlich sind. Hier ist ein Fachmann hinzuzuziehen, der entsprechend beraten kann. Ist das Gebäude in Ordnung, kann Schimmelpilzwachstum durch entsprechendes Wohn- und Lüftungsverhalten vermeiden werden. Ohne entsprechendes Verhalten besteht die Gefahr, dass Schimmelpilzwachstum entsteht. Zur Information über das richtige Wohn- und Lüftungsverhalten sind Broschüren wie z.B. das BVS-Merkblatt „Heizen und Lüften“ sehr hilfreich.
www.bvs-ev.de