
Starke Männer weinen nicht – von wegen!
Männer sind nicht gerade dafür bekannt, viele Tränen zu vergießen. Aus welchen Gründen weinen die Deutschen allgemein – und wo liegen die Unterschiede zwischen Mann und Frau? Die Deutschen weinen aus drei bis vier Gründen. Der Hauptgrund für Tränen ist für die meisten der Verlust einer nahestehenden Person. Dies nennt jeder fünfte Befragte (19,5 Prozent) als Ursache. Fast genauso viele weinen bei rührenden Szenen in Filmen (18,5 Prozent). Allerdings sind es fast nur Frauen, die bei Filmen Tränen vergießen – bei ihnen ist dies sogar der häufigste Grund für Tränen (31,4 Prozent). Die Männer „ticken“ hier anders: Nur 5,1 Prozent der Männer gaben an, dass ihnen im Kino oder vor dem Fernseher die Tränen kommen. Für sie ist der Verlust eines geliebten Menschen in der Tat der Hauptgrund für Tränen. Wut und Enttäuschung bringen knapp 15 Prozent zum Weinen. Immerhin acht Prozent der Männer weinen vor lauter Glück.[2] Im Allgemeinen gelten Männer als weniger emotional und weniger offen im Zeigen ihrer Gefühle. Gibt es dafür wissenschaftliche Belege? Laut Professor Ad Vingerhoets, dem führenden Tränen- und Weinexperten der Universität Tilburg in den Niederlanden, weinen Männer und Frauen bei unterschiedlichen Anlässen. Denn: Männer vergießen mehr Freudentränen als Frauen, wobei Frauen öfter bei schlimmen und erschütternden Ereignissen weinen. Für seine aktuellste Studie befragte Vingerhoets 5.000 Frauen und Männer. Während Frauen eindeutig eher in Situationen weinen, in denen sie sich kraft- und machtlos fühlen, drücken Männern eher Momente des Sieges, des Erfolges und des Gewinnens auf die Tränendrüsen. Wer weint in der Regel häufiger – Männer oder Frauen? Gibt es dazu Erhebungen? Das Vorurteil, dass Frauen häufiger weinen als Männer, kann in der Tat bestätigt werden. Zum Vergleich: Männer weinen durchschnittlich etwa 17 Mal im Jahr, während die Damen im Durchschnitt ca. 64 Mal jährlich in Tränen ausbrechen. Außer in der Häufigkeit unterscheiden sich Männer und Frauen auch in der Intensität ihres Weinens. Frauen weinen länger und schluchzen dabei gerne heftig und laut. Gründe dafür können sein, dass sie sich in der betreffenden Situation unzulänglich, enttäuscht oder wütend fühlen, weil sie traurig oder in einer Konfliktsituation sind. Bei Männern dagegen fließen in der Regel stumme Tränen – und wenn, dann vor allem nach einer gerade erfolgten Trennung oder aus Mitgefühl. Was sind mögliche Gründe dafür, dass Frauen mehr weinen als Männer? Eines steht fest: Dass Frauen mehr weinen als Männer, liegt nicht an den Hormonen. Die Tränenproduktion hat erwiesenermaßen nichts mit Östrogenen, den weiblichen Geschlechtshormonen, zu tun. Also ist Weinen mit Sicherheit nicht „von Natur aus Frauensache“. Vielmehr gehen Wissenschaftler davon aus, dass Weinen etwas mit den kulturellen und erworbenen Geschlechterrollen zu tun hat: Kleine Jungs „dürfen“ noch Tränen vergießen, während es männlichen Jugendlichen zunehmend abgewöhnt wird, Gefühle derart zu zeigen. Studien ergaben, dass für die meisten Männer Tränen bedeutungslos sind und dass viele sich das Weinen mit viel Selbstdisziplin regelrecht abtrainiert haben, um keine Schwäche zu zeigen, und nach dem Motto „Lieber handeln als heulen“ leben. Frauen dagegen ist es in der Gesellschaft eher erlaubt, ihre Gefühle durch Worte, Tränen und Gesten nach außen zu tragen. Weinen Männer eher heimlich? Männer weinen zwar heimlich, wie Herbert Grönemeyer singt, aber sie tun es. Meistens sind es intensive Gefühle, die die Tränen strömen lassen, deswegen sprechen Forscher auch von „emotionalen Tränen“. Auch das vermeintlich starke Geschlecht erlaubt sich ab und an etwas Gefühl: Männer weinen im Schnitt alle 21 Tage. Sie ziehen sich dann meistens zurück (in ihre Höhle), denn für den Neandertaler war es bei der Jagd störend, wenn er weinen musste. Warum werden Männer bei sportlichen Events – wie beispielsweise Fußball, insbesondere bei der WM – plötzlich emotional? Bei nicht emotionalen Tränen ist die Funktion klar: Sie spülen Fremdkörper aus und schützen das Auge vor Austrocknung. Aber was ist mit den Freudentränen? Welchen biologischen Sinn könnten sie haben? Eine Vermutung lautet: Beim emotionalen Weinen werden mit den Tränen besonders viele Stresshormone abgegeben. Möglicherweise hilft das sogar dabei, Stress abzubauen. Große Anspannung wird durch lautes Freudengeschrei herausgelassen. Was ist das Besondere an sportlichen Events? Ist es in der „Masse“ der Emotionen einfacher für Männer, ihre eigenen zu zeigen? Das Gemeinschaftsgefühl ist ein Verstärker, die Männer spornen sich dabei gegenseitig an und versuchen sich zu übertreffen. In der Gruppe sind Männer risikobereiter und das Kind im Manne kann schon mal zu verrückten Aktionen und Reaktionen führen. Wenn in diesem Sommer die Fußball-Weltmeisterschaft angepfiffen wird, werden wir sicherlich auch wieder viele Männer sehen, die ihren Emotionen bei Sieg und Niederlage freien Lauf lassen. Welche anderen Anlässe gibt es, die Männer emotional werden lassen? Wenn Männer frisch verliebt sind, sind sie auch für Emotionen zugänglicher. Auch große positive emotionale Anlässe (Lottogewinn, Heirat, Vaterschaft usw.) sind Gründe für Emotionen, wegen derer Männer weinen, kommen aber im Leben recht selten vor. Reagieren Frauen rational, wenn sie weinende Männer sehen? Eher das Gegenteil ist der Fall. Frauen sind durch solche unerwarteten und nicht vorhersehbaren Emotionen eher verwirrt. Aber es kommen mütterliche Gefühle auf, die in den meisten Fällen recht sinnvoll sind, da sich die Männer in bestimmten Situationen gerne bemuttern lassen. Dient das Weinen als nonverbales Kommunikationsmittel? Weinen ist ein kommunikatives Signal. Fließen die Tränen, drücken Menschen damit aus: „Hey, mir geht es wirklich schlecht, ich brauche dich.“ Psychologen vermuten dahinter einen evolutionsbedingten Hilferuf und einen Ausdruck von Hilflosigkeit. Über Tränen können wir soziale Bindungen festigen sowie Verlangen nach Zuwendung und Trost äußern – so die Theorie. Eine Untersuchung mit Frauen, die vor Männern weinten, stützt diese Annahme. Ein Forscher fand heraus, dass die Tränen der traurigen Frauen chemische Stoffe enthalten, die auf Männer besänftigend wirken und ihnen zugleich signalisieren, dass die Frau derzeit keine Lust auf Sex hat. Als Folge fielen bei den beteiligten Männern der Testosteronspiegel und damit der Grad ihrer sexuellen Bereitschaft deutlich ab. Wer hat in solchen emotionalen Situationen eher ein Taschentuch zur Hand? Männer oder Frauen? Frauen tragen in ihrer Handtasche durchschnittlich über 35 Objekte mit sich, Männer im Durchschnitt nur zwei bis drei. Wenn überhaupt, haben Männer manchmal ein Stofftaschentuch dabei, Frauen aber immer Tempo Taschentücher. Über den Experten: Prof. Dr. Alfred Gebert ist ein Psychologe und Soziologe aus Münster, der sich mit diversen Themen beschäftigt: von Zeitmanagement über emotionale Intelligenz bis hin zu Körpersprache. Dazu gibt er Seminare und bietet Einzel- sowie Firmentrainings an. (1) Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (2) ebd