Allgemeine Gesundheit
>Kontemplative Psychologie - Basis einer achtsamen und mitfühlenden Beratung

Kontemplative Psychologie - Basis einer achtsamen und mitfühlenden Beratung
Der Begriff »Kontemplation« stammt vom Lateinischen contemplari und heißt »anschauen« oder »betrachten«. Im Allgemeinen kann man es daher am besten als »beschauliche Betrachtung« beschreiben. Eine kontemplative Stimmung ist dabei von ruhigem, fast meditativem Charakter geprägt und eine Zeit der Besinnung und Beschäftigung mit den Gefühlen, Gedanken und Emotionen. Methodischer Ansatz der kontemplativen Psychologie verbindet Ost und West Die kontemplative Psychologie verbindet Erkenntnisse unserer westlichen, eher prozessorientierten, therapeutischen Arbeit mit dem Wissen der jahrtausendealten buddhistischen Psychologie über das Funktionieren des menschlichen Geistes. Dieses Wissen wird zunehmend durch aktuelle Forschungsprojekte und Erkenntnisse der modernen Neurowissenschaften belegt und ergänzt. Das Herzstück der kontemplativen Psychologie ist die Gewissheit, dass jedem Menschen eine unzerstörbare, lebensbejahende Kraft und Gesundheit innewohnt. Diese zeigt sich auch bei schwer erkrankten Menschen in Augenblicken der Offenheit, des Mitgefühls und der geistigen Klarheit, in denen menschliche Würde und Weisheit aufblitzen. Grundannahmen und Methoden Innewohnende Gesundheit Innewohnende Gesundheit erschließt sich aus unseren eigenen Erfahrungen, wenn wir bereit sind, mutig und offen mit dem eigenen Erleben unmittelbar in Kontakt zu treten. Daher sind in der kontemplativen Psychologie nicht die Symptome oder zwischenmenschlichen Konflikte Ausgangspunkte für die therapeutische Begleitung, sondern die Stärkung der gesunden und kreativen Lebensenergien. An dieser Stelle erweitert die kontemplative Psychologie in herausragender Weise die systemische Ansätze der lösungsorientierten Beratung - die ebenfalls davon ausgeht, dass alle Menschen vielfältige eigene Ressourcen für die Bewältigung ihrer Lebenskrisen besitzen. Dadurch begegnet der Berater den Klienten »auf Augenhöhe«. Der Klient ist Experte seines Lebens und kennt sich selbst am besten. Durch die achtsame und mitfühlende Beratung rückt das Problem in den Hintergrund und wird zu einer Situation im Leben, auf die der Klient momentan vielleicht einfach keine klare Antwort hat. Meditation und Achtsamkeit Meditation gehört zu den ältesten Therapieformen der Welt und für die kontemplative Psychologie ist sie die gängige Arbeitsbasis. Meditation ermöglicht ein achtsames Wahrnehmen unserer inneren und äußeren Erfahrung. Durch regelmäßig ausgeführte meditative Achtsamkeits- oder Konzentrationsübungen kann sich der unruhige Geist beruhigen und sammeln. Die Übungen helfen zu sehen, was und wer wir wirklich sind, jenseits unserer erlernten Glaubensgrundsätze, Dogmen und Selbstzuschreibungen. Auf diesem Wege lösen sich viele alte Konditionierungen und Muster, die die unbewusste Grundlage unserer Gefühle und Handlungen sind. Der Geist kommt in Einklang mit dem Körper und ein Zugang zu den verdeckten gesunden Kräften wird ermöglicht. Emotionale Muster und Energien Durch Meditationspraxis und Arbeit an eigenen emotionalen Mustern erwächst eine größere Akzeptanz in Bezug auf uns selbst und die uns umgebende Welt. Damit verbunden ist eine tiefe Entspannung und große Klarheit. Die Kontemplative Psychologie nutzt in der Beratung und Therapie die Erfahrung, dass eine Bewältigung der Lebensprobleme am ehesten im Zusammenhang persönlicher, freundlicher und sich gegenseitig respektierender Beziehungen geschehen kann. Mitfühlende Kommunikation Wir Menschen können uns von der uns umgebenen Welt berühren lassen. Indem wir uns immer wieder offen und ohne zu beurteilen auf die körperlichen, emotionalen und geistigen Wahrnehmungen eines anderen Menschen einlassen, erfahren und vertiefen wir diese Fähigkeit. Durch eine achtsame und akzeptierende Grundhaltung im therapeutischen Gespräch schafft ein kontemplativer Berater einen geschützten Raum, in welchem ein intensiver emotionaler Austausch möglich ist. Dadurch können tief gehende Veränderungs- und Heilungsprozesse angeregt werden. »Herzstück der Kontemplativen Psychologie ist die Grundannahme, dass jedem Menschen ein Kern grundlegender Gesundheit innewohnt.« Mitgefühl gewinnt an Relevanz in der Wissenschaft Zusätzlich zum vielbeschriebenen und -zitierten Thema »Achtsamkeit« ist das »Mitgefühl« in den letzten 5 bis 10 Jahren stark in den Fokus der neurophysiologischen Forschung getreten. Viele der kontemplativen Traditionen betonen bereits seit Jahrtausenden, dass Mitgefühl das Wichtigste ist, dass es zu erlernen und auszuüben gilt. Interessanterweise hat auch die aktuelle Forschung festgestellt, dass mitgefühlsbasierte Übungen deutlich effektiver Stress reduzieren und eine heilsamere Umgebung kreieren können als reine Achtsamkeitsübungen. Therapeutische Funktionen der kontemplativen Arbeit Erlernte Achtsamkeit bringt den Klienten wieder in Berührung mit der ihm innewohnenden Gesundheit, Lebensfreude, Vitalität und Weisheit. Sie befähigt ihn, auch in schwierigen Krisen seine Gedanken zu beruhigen, Gelassenheit, Klarheit und Einsicht zu erlangen und einen bewussten Umgang mit Stress zu erlernen. Dabei können gewohnheitsmäßige Denk- und Verhaltensmuster erkannt und Richtung und Qualität des eigenen Lebens selbstverantwortlich beeinflusst werden. Das achtsamkeitsbasierte Vorgehen ist ein anerkanntes Verfahren mit empirisch nachgewiesener Wirksamkeit in der Beratung und Therapie. Für den Berater und Therapeuten gilt, dass die Anwendung von Achtsamkeit im Berufsalltag der eigenen Stressreduktion dient und ein bewährtes Mittel für eine Burn-Out-Prophylaxe darstellt. Studien haben nachgewiesen, dass Therapeuten, die täglich meditieren, effektiver arbeiten als Therapeuten, die nicht meditieren. Es gibt zahlreiche Übungen und Methoden, die den Klienten in der Beratung und Therapie vermittelt werden können, so dass diese selbst ihre Achtsamkeit schulen und achtsam im Alltag leben können. An dieser Stelle seien Übungen genannt wie der »Body Scan« zur achtsamen Körperwahrnehmung, das »achtsame Essen« zur Linderung von Essstörungen, Meditation und achtsames Gehen als Möglichkeit zur Fokussierung des Geistes. Vorteile einer Beratung oder Therapie auf Basis der Kontemplativen Psychologie - Vertrauensgewinn in die eigene grundlegende Gesundheit – als Voraussetzung, diese auch in anderen Menschen sehen und fördern zu können - ein klares, genaues Wahrnehmen der gegenwärtigen Situation und der Probleme oder Störungen, die in ihr auftauchen - die Erkenntnis, nach der nötigen beratenden Arbeit das erkannte Problem loszulassen - die Fähigkeit, menschliche Beziehungen als einen wechselseitigen Prozess des Gebens und Nehmens zu erlernen, aus der die Partner verändert, aber bereichert – nicht gestört und erschöpft – hervorgehen Jürgen Wiese, Heilpraktiker für Psychotherapie, www.juergenwiese.de
— Chögyam Trungpa (Begründer der Kontemplativen Psychologie)