
Eine Innovation: Zahnersatz zum Kleben
Rekonstruktionen ohne intensives Beschleifen von Nachbarzähnen
Bei fehlenden Zähnen kommen bisher meistens Brücken und Teilprothesen zum Einsatz. Für die Befestigung dieser fehlenden Zähne müssen daher oft gesunde Nachbarzähne abgeschliffen und zur Verankerung von Prothesen oder Brücken herangezogen werden. Ausnahmen bilden die klassischen Modellgussprothesen, die allerdings den Nachteil der notwendigen Klammerverankerung im sichtbaren Bereich mit sich bringen und nur eine bedingt starre Verbindung zum Restgebiss darstellen. Aus diesem Grunde wird diese Versorgungsform in der Regel als die unkomfortabelste prothetische Lösung vom Patienten empfunden. Die Implantatbefestigung von Zahnersatz stellt eine weitere Verankerungsmöglichkeit dar. Diese Therapieform bringt einen hohen Zeit- und Kostenfaktor für die Behandlung mit sich, weswegen sie sich nicht für alle Patienten eignet. Eine interessante Alternative sind in vielen Fällen die einflügeligen Klebebrücken, sowie die sogenannten Adhäsiv- oder Klebeattachments. Ihre mittel- bis langfristige Bewährung ist inzwischen nachgewiesen und als wenig invasive adhäsiv-prothetische Therapieform etabliert. Für die Klebeteile werden mindestens Schichtstärken von 0,5mm benötigt um eine ausreichende Stabilität zu gewährleisten. Dieser Platz muss, wenn nicht primär vorhanden, durch minimales Beschleifen im nicht sichtbaren Bereich hinter den Zähnen geschaffen werden. Nach der Fertigung der prothetischen Komponenten in einem zahntechnischen Labor werden die Teile anschließend fest mit den Ankerzähnen im Mund verklebt. Voraussetzung für eine Klebeprothese oder aber eine Klebebrücke sind gesunde Nachbarzähne mit intaktem Zahnschmelz, an den die Ersatzzähne angeklebt werden können. 1. Einflügelige Klebebrücken Besonders bei jugendlichen Patienten mit Nichtanlagen im Bereich der seitlichen Schneidezähne, aber auch in vielen anderen Fällen von fehlenden Zähnen bei Erwachsenen im Frontzahnbereich ist diese Klebetechnik besonders gut geeignet, da mit wenig Aufwand ein sehr gutes ästhetisches Ergebnis erzielt werden kann. Seit ungefähr einem Jahr ist diese Therapieform auch im Rahmen der Behandlung gesetzlich versicherten Patienten ohne Alterseinschränkung bezuschussungsfähig. 2. Klebeprothesen Fehlen mehrere Zähne und fehlen diese insbesondere im Seitenzahnbereich, so kann man heute in bestimmten Fällen eine Klebeprothese anfertigen und einsetzen. In der Literatur werden im Hinblick auf die Beurteilung dieses Verfahrens zwei große Vorteile hervorgehoben. Zum Einen ist bisher kein einziger Fall einer Zahnfraktur dokumentiert, was hingegen bei den Ankerzähnen der „klassischen“ Prothesen vereinzelt vorkommen kann. Das Klebeteil, welches die Verbindung zwischen Prothese und Zahn darstellt, fungiert hierbei als Sollbruchstelle. Im Falle, dass sich der Klebeverbund löst, kann das Verbindungselement in der Regel wieder problemlos rezementiert werden. Zum Anderen ist der bereits beschriebene minimale Substanzabtrag im Bereich der Verankerungsstelle des Klebeteils ein großer Vorteil, da häufig sogar auf eine Lokalanästhesie verzichtet werden kann. Zwar ist das Risiko einer Dezementierung, also ein Verlust des Klebeverbundes zwischen Zahn und Klebeteil, als höher zu bewerten, als bei einer „klassischen“ Verankerung. Allerdings ist eine Neuverklebung eher unproblematisch. Einschränkungen für die Anwendung von einflügeligen Klebebrücken können im oberen Frontzahnbereich sogenannte Tiefbisse sein, da hier häufig nur sehr wenig Platz für die Verklebung zur Verfügung steht und ungünstige Krafteinwirkungen zusätzlich für ein erhöhtes Risiko von Dezementierungen sorgen können. Für die gesetzliche Krankenkasse ist die Verankerung von Klebeprothesen mittels Adhäsivattachments trotz den in Studien nachgewiesenen Vorteilen keine anerkannte Standardversorgung. Betroffene sollten sich daher bei ihrer Krankenkasse erkundigen, ob ein Zuschuss möglich ist. Die Technik ist zudem leider noch nicht besonders verbreitet und wird an den meisten Universitäten in Deutschland nicht in der Praxis gelehrt, so dass viele Zahnärzte und Zahntechniker sie nicht beherrschen. Eine Ausnahme stellt hier die Universität in Kiel um den Arbeitskreis von Prof. Dr. Matthias Kern dar, der sich mittlerweile seit vielen Jahren mit diesem Thema beschäftigt und einige Studien dazu durchgeführt hat. Praktische Erfahrungen zu diesem Thema sammeln die Studenten dort bereits im klinischen Teil ihres Studiums. Ein interessantes Interview mit Prof. Kern zu diesem Thema finden Sie auch in der NDR Mediathek, sowie einen direkten Link auf dieses Fernsehinterview auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien e.V. (kurz DGPRO).