Was ist eigentlich Meditation?
Vorurteile verhindern neue Erfahrungen – neugierig und offen bleiben
Ich meditiere seit vielen Jahren und setze meditative Übungen auch in meiner psychotherapeutischen Arbeit ein. Wenn ich gebeten werde, zu beschreiben, wie es ist, wenn man meditiert, stehe ich vor dem Problem, eine eigene Sinneserfahrung in Worte zu fassen. Das ist so, als wenn ich den Geschmack eines Apfels beschreiben müsste. Klar, gibt es Eigenschaften wie die Süße, den Säuregrad, die Beschaffenheit des Fruchtfleisches — aber beschreibt das den Geschmack des Apfels hinreichend? Im Grunde muss man selbst einen Apfel essen, um den Geschmack zu erfahren. So ist es auch mit der Meditation. Meditation ist eine Erfahrung. Paradoxerweise entspannt Meditation natürlich trotzdem. Quasi beiläufig als Nebeneffekt können wir in der Meditation eine tiefe geistige und körperliche Entspannung erfahren, die zu deutlich mehr Gelassenheit führt. Hervorgerufen wird dies durch eine Beruhigung des körperlichen Stresssystems. Die Menge der körpereigenen Stresshormone sinkt, was folgt ist Entspannung. Bei der Meditation wird diese Entspannung zwar genutzt, aber sie ist nicht das eigentliche Ziel. Meditation ist alles, aber bestimmt nicht Nichts-tun. Wer mal versucht hat, einige Minuten ruhig und aufmerksam zu sitzen, wird den aufkeimenden Wunsch kennen, sich endlich wieder bewegen zu können. Diese innere Unruhe, die Beine zu strecken, die Hände zu bewegen. Wer es schafft, ruhig zu sitzen, der kann schier daran verzweifeln, wenn er versucht, an nichts zu denken. Bitte denken Sie nicht an einen gelben Elefanten! Das funktioniert nicht. In der Meditation geht es nicht darum, nichts zu tun oder nicht zu denken. Meditation führt nicht zu einer Befreiung vom eigenen Chaos — Meditation ist Befreiung im eigenen Chaos! Sie lernen in der Meditation einen anderen Umgang mit Ihrem persönlichen Chaos. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Durch fehlende Achtsamkeit übernimmt unser unbewusster Verstand mit Hilfe von komplexen Gedanken und Gefühlen die Kontrolle über unser Handeln. Wir reagieren im Alltag meist im Modus des Autopiloten und bewegen uns nur in unseren bereits ausgetretenen, bekannten Pfaden. In der Meditation lernen wir, die Kontrolle mit Hilfe von Achtsamkeit zurückzuerlangen, damit wir eine klare, bewusste Entscheidung hinsichtlich unseres Handelns treffen können. Drogen berauschen — und vernebeln den Geist. Meditation macht den Geist klarer und wacher. Dennoch lassen sich durchaus starke Glücksgefühle während der Meditation erfahren. Aber auch diese sind eher als Seiteneffekte anzusehen und nicht als Ziel der Meditation. Jetzt, rund um den Jahreswechsel, werden viele Wünsche und Ziele für das kommende Jahr gefasst. Wenn Sie die äußerst positiven Effekte der Meditation kennenlernen möchten, dann probieren Sie es unbedingt selbst aus. Melden Sie sich bei einem Kurs »Meditieren für Anfänger« in Ihrer Nähe an und bleiben Sie stets skeptisch bei den Effekten, die Ihnen versprochen werden. Versuchen Sie neugierig und offen zu bleiben, und entdecken Sie spielerisch die Methode und den Zustand der Meditation für sich.