
Vorsicht ist geboten
Wer wider besseres Wissen einen anderen einer Straftat bezichtigt, sei es bei der Polizei oder einer anderen zur Entgegennahme von Strafanzeigen zuständigen Behörde, macht sich gemäß § 164 StGB einer falschen Verdächtigung strafbar. Diese wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dient sie darüber hinaus dazu, für sich selbst eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe zu erlangen, so beträgt die Mindestfreiheitsstrafe sogar sechs Monate (Abs. 3). Zweck dieser Vorschrift ist es zum einen, Ermittlungsbehörden nicht mit zusätzlicher und unnötiger Arbeit zu belasten, zum anderen natürlich aber auch, den zu Unrecht Verdächtigten zu schützen. Allerdings ist der Tatbestand der falschen Verdächtigung nicht schon dann erfüllt, wenn der eigentlich Beschuldigte die Tatbegehung leugnet und dadurch zwangsläufig den Verdacht auf eine andere Person lenkt (ohne diese ausdrücklich als Täter zu bezeichnen), diese Konstellation entsteht z.B. immer dann, wenn ein Autofahrer. bestreitet, gefahren zu sein und so zwangsläufig der einzige Beifahrer als Täter in Betracht kommt. Auch die bloße Behauptung, dass eine belastende Zeugenaussage falsch sei, erfüllt den Tatbestand der falschen Verdächtigung nicht. Anders sieht es allerdings aus, wenn der Beschuldigte den Belastungszeugen nicht nur der Falschaussage bezichtigt, sondern zur Untermauerung dieser Behauptung auch noch zusätzliche falsche „Beweise“liefert. Die falsche Verdächtigung muss darüber hinaus überhaupt geeignet sein, einen Anfangsverdacht zu begründen und ein Ermittlungsverfahren auszulösen oder aufrechtzuerhalten. Wäre die angebliche Tat zum Beispiel schon verjährt oder durch einen Strafausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund eine Strafbarkeit gar nicht gegeben, so ist logischer Weise auch der Tatbestand der falschen Verdächtigung nicht erfüllt. Weiter muss die Verdächtigung natürlich objektiv falsch sein und sich gegen eine bestimmte Person richten, deren Identifikation feststeht. Korrigiert sich der Anzeigenerstatter noch während seiner Vernehmung, so ist die Tat nicht vollendet und eine Strafbarkeit scheidet aus, da der Versuch nicht strafbar ist. Darüber hinaus muss der Täter natürlich wider besseres Wissen handeln in der Absicht, ein behördliches Verfahren gegen den Verdächtigten herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. Erfolgt die Verdächtigung in der Absicht, für sich selbst eine Strafmilderung zu erlangen (durch die sogenannte Kronzeugenregelung § 46 b StGB oder den entsprechenden § 31 im Betäubungsmittelrecht) so kann die Strafe mit bis zu zehn Jahren! sehr empfindlich ausfallen. Schon allein deshalb sollte sich jeder – von moralischen Aspekten einmal abgesehen – gut überlegen, ob er wirklich das Risiko eingehen möchte, einen Unschuldigen zu Unrecht zu belasten. Die Autorin: Kirsten Hüfken ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht, Oldenburg, Tel.: 0441 / 27 621.