
Kurze Freiheitsstrafe als Ausnahme
In § 47 StGB ist geregelt, dass eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur verhängt werden soll, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Problematisch ist dies allerdings in den Fällen, in denen der Täter nun gerade gezeigt hat, dass er auch durch kurze Freiheitsstrafen nicht zu beeindrucken ist. Die Autorin: Kirsten Hüfken ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht, Oldenburg; Tel: 0441/27 621.
Diese Regelung wurde vom Gesetzgeber vor dem Hintergrund geschaffen, dass davon auszugehen ist, dass kurze Freiheitsstrafen eher eine schädliche Wirkung auf den Inhaftierten haben: Zum einen tritt eine erfolgsversprechende erzieherische Einwirkung in dieser kurzen Zeit wohl eher nicht ein, sondern das genaue Gegenteil ist zu befürchten, nämlich dass die Gefahr „krimineller Ansteckung „ unter diesen Voraussetzungen besonders groß ist. Ein weiterer entscheidender Aspekt, der gegen die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen spricht, ist die Gefährdung sozialer Bindungen und der sozialen Existenz durch das Herausreißen aus dem Familien- und Berufsleben.
Trotz dieser kontroversen Diskussion werden auch kurze Freiheitsstrafen durchaus verhängt allerdings nur dann, wenn dieses ausnahmsweise wegen spezialpräventiver oder generalpräventiver Einwirkungserfordernisse unerlässlich erscheint. So sind strafrechtliche Vorbelastungen, die hinsichtlich der konkreten Tat eine Gleichgültigkeit des Täters gegenüber der Justiz signalisieren oder aber seine Unerreichbarkeit durch schwächere strafrechtliche Sanktionen dokumentieren ,häufige Grundlage für die Verurteilung zu kurzen Freiheitsstrafen.
Des Weiteren können generalpräventive Bedürfnisse für die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe sprechen, wenn diese zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten ist. Dies gilt vor allen Dingen in den Fällen, in denen der Täter Gesetzesverstöße offensichtlich nicht besonders ernst nimmt und schon bei der Tat darauf spekuliert, von Freiheitsstrafe verschont zu bleiben. Dies gilt zum Beispiel für hartnäckiges Schwarzfahren oder auch den mehrfachen Diebstahl geringwertiger Sachen bei einem Wert bis zu 25 €. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe muss darüber hinaus unerlässlich sein, d.h. das Gericht muss davon überzeugt sein, dass die Verhängung einer Geldstrafe nunmehr nicht mehr ausreicht. So kommt es durchaus vor, dass ein Wiederholungstäter wegen Diebstahls einer Sache im Wert von unter 10 € unter bestimmten Umständen auch zu einer 4-wöchigen Freiheitsstrafe verurteilt wird. Entscheidet sich das Gericht für die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe, so ist in den Urteilsgründen hierfür eine besondere Begründung zu geben.
Wird eine Gesamtstrafe gebildet, so muss auch für jede Einzelstrafe begründet werden, warum die Voraussetzungen des § 47 StGB ausnahmsweise zu bejahen sind.
Trotz aller offensichtlich vom Gesetzgeber für die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen erwünschten Zurückhaltung, , ist es in der Praxis doch so, dass kurze Freiheitsstrafen nicht eben selten verhängt werden, die auch durchaus nicht immer zur Bewährung ausgesetzt werden, was für den Verurteilten natürlich fatale Konsequenzen nach sich zieht.