
„Feindliches Grün“
Sinn und Zweck einer Ampel ist die sichere Verkehrsführung. In seltenen Fällen kann es jedoch zu Fehlschaltungen kommen, so dass das Freifahrtsignal fehlerhaft ist. Juristen sprechen dann vom „feindlichen Grün“. Erst kürzlich hatte das OLG Karlsruhe einen solchen Fall zu entscheiden. Achtung: Die Signalstörung muss der Geschädigte beweisen. Es empfiehlt sich bei Unfällen, bei welchen beide Parteien behaupten, ihre Fahrtrichtung sei durch Grünlicht freigegeben gewesen, stets einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Mit Hilfe von Akteneinsicht (Ampelschaltplänen, polizeiliche Unfallakte etc.) und ggf. Einholung von Sachverständigengutachten nimmt er eine Einzelfallprüfung vor. Bloße Zeugenaussagen sind oft nicht ausreichend, insbesondere dann wenn die „Knallzeugen“ erst durch das Geräusch des Unfalls auf diesen aufmerksam geworden sind. Die Autorin: Simone Weyen ist in der Oldenburger Kanzlei Dr. Koch - Rechtsanwälte und Notare u.a. für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht zuständig und hat beide Fachanwaltskurse erfolgreich abgeschlossen.
In der dortigen Fallkonstellation kam es auf einer Kreuzung in E. zu einem Verkehrsunfall, an welchem sowohl die Klägerin als auch die Zeugin K. mit ihren Fahrzeugen beteiligt waren. In dem Bereich der Kreuzung befindet sich eine Ampelanlage. Die Verkehrsregelung durch Ampeln wird normalerweise abends um 22 Uhr ausgeschaltet. Nach dem Ausschalten sind die Ampeln auf der dann bevorrechtigten Straße dunkel, während sie auf der untergeordneten Straße normalerweise auf gelbes Blinklicht umgeschaltet haben. Im Bereich der Kreuzung kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge, wodurch am Pkw der Klägerin Sachschaden entstand. Sie trug vor, zunächst vor der Kreuzung gehalten zu haben, da die Ampel für sie „rot“ gezeigt habe. Die Ampel sei dann auf „grün“ umgesprungen, so dass sie in die Kreuzung eingefahren sei. Ein gelbes Blinklicht, welches nach gegen 22Uhr zu erwarten gewesen wäre, habe es beim Einfahren nicht gegeben. Die Zeugin K. sei gleichzeitig in die Kreuzung gefahren, weil aus ihrer Richtung die Ampel bereits ausgeschaltet gewesen sei.
Die Klägerin verlangte von dem bekl. Land Erstattung der ihr entstandenen Kosten, in concreto € 300 Euro Selbstbehalt ihrer Kaskoversicherung, € 120,67 Euro vorgerichtl. Anwaltskosten und € 150 Euro Selbstbehalt ihrer Rechtsschutzversicherung. Diese habe sie in Anspruch genommen, um sich in einem gegen sie eingeleiteten Bußgeldverfahren zu verteidigen. Außerdem begehrte die Kl. die Feststellung, dass das bekl. Land verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der durch die Höherstufung in der Kaskoversicherung entstanden ist und noch entstehen wird.
Die geltend gemachten Kosten hat die Kl. größtenteils zugesprochen bekommen, da der für die Straßenverkehrsbehörden verantw. Rechtsträger dem Geschädigten auf Schadensersatz haftet, und zwar nach den Grundsätzen des sog. enteignungsgleichen Eingriffs. Hierunter versteht man eine Beeinträchtigung des Eigentums durch eine rechtswidrige hoheitliche Maßnahme, die zu einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des Eigentums des Betroffenen führt.
Bei einem enteignungsgleichen Eingriff schuldet der Staat allerdings entgegen den Erwartungen vieler keinen vollen Schadensersatz i. S. d. § 249 BGB, sondern nur eine „angemessene Entschädigung“. Dazu gehören u.a. der Selbstbehalt in der Kaskoversicherung, der Rückstufungsschaden in der Kaskoversicherung und vorgerichtl. Anwaltskosten. Hingegen sind mittelbare Folgekosten, wie die Anwaltsgebühren für die Verteidigung in einem Bußgeldverfahren, nicht erstattungsfähig.