
Falsche Lagerung eines Patienten im Krankenhaus
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehört der Lagerungsschaden zu den sogenannten „voll beherrschbaren Risiken“. Voll beherrschbar ist ein Risiko nicht deshalb, weil es stets vermeidbar ist, sondern weil es nach seinem Erkennen mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnte. Steht fest, dass der Gesundheitsschaden eines Patienten dem Gefahrenbereich eines voll beherrschbaren Risikos zuzuordnen ist, ergeben sich für den Patienten Beweiserleichterungen. Das Patientenrechtegesetz hat diese Rechtsprechung aufgegriffen. Nach § 630 h Abs. 1 BGB wird der Fehler des Behandelnden vermutet, wenn sich ein voll beherrschbares Risiko verwirklicht hat. Im Fall des OLG Hamm ging es darum, dass bei dem seinerzeit 15 jährigen Kläger eine chronisch entzündliche Darmerkrankung und u.a. deutlich ausgeprägte Veränderungen des Dünndarms festgestellt worden waren. Nach Hinzutreten von starken Bauchschmerzen zeigte sich beim Öffnen der Bauchhöhle eine Perforation des Dünndarms sowie eine ausgedehnte Entzündung des Bauchfells. Es erfolgte u.a. eine Spülung des Bauchinnenraums, eine Resektion des Coektums und des mittleren Teil des Dickdarms. Während des Eingriffs wurde die Indikation gestellt, Tage später eine weitere Spülung des Bauchinnenraums vorzunehmen. Der Patient wurde nach der Operation drei Tage lang in ein künstliches Koma versetzt. Hiernach erfolgte die zweite Spülung, bei der sich auch eine Mitbeteiligung der Gallenblase zeigte, die dann entfernt wurde. Beide Operationen erfolgten in Rückenlagerung. Es zeigte sich schnell eine Druckstelle an den linken und rechten Wadenbeinköpfchen. Kurz danach klagte der Patient auch über Taubheitsgefühle im rechten Fuß. Untersuchungen ergaben Beeinträchtigungen der Peroneusnerven rechts und links. Später konnte der Patient den rechten Fuß nicht mehr anheben. Der Autor: Dr. Christoph Schlüter, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht; Rechtsanwälte Simon & Schubert, Oldenburg.
Zur Verdeutlichung möchte ich von zwei recht aktuellen Gerichtsentscheidungen berichten. Die Oberlandesgerichte Hamm und Köln (Urteile vom 20.5.2011, I-26 U 23/10 und 25.2.2013, 5 U 152/12), mit sogenannten Lagerungsschäden zu befassen. Was war passiert?
Bei dem vom OLG Köln entschiedenen Fall ging es ebenfalls um eine sehr umfangreichen Operation bei der der Kopf des Patienten auf einem Kopfring mit Gelkissen gelagert worden war. Auch hier kam es dann zu einer Schädigung des Patienten. Das Oberlandesgericht Köln hat in der genannten Entscheidung noch einmal ausgeführt, dass die Grundsätze des voll beherrschbaren Risikobereiches, auch auf Fälle von Lagerungsschäden angewandt werden. Bei technisch richtiger Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch wäre die Beachtung der dabei einzuhaltenden Regeln und die Kontrolle der Lagerung durch die operierenden Ärzte voll beherrschbar. Gleichwohl müsse immer der Einzelfall geprüft werden. Manche Schädigungen seien auch durch Anwendung größtmöglicher Sorgfalt nicht sicher zu vermeiden. Nach Anhörung des Sachverständigen hatte sich hier ergeben, dass die Lagerung des Kopfes auf einem Kopfring mit Gelkissen dem fachärztlichen Standard entsprochen hatte und sich der Lagerungsschaden, wie er sich bei dem dortigen Kläger verwirklicht habe, bei solchen Operationen nicht sicher ausgeschlossen werden könne.
Auch in dem geschilderten Fall des OLG Hamm blieb dem Kläger der Erfolg versagt. Der dort hinzugezogene Sachverständige hatte aufgezeigt, dass es zu solchen Druckstellen innerhalb sehr kurzer Zeit auch dann kommen kann, wenn vor Beginn der Operation eine optimale Lagerung unter Zuhilfenahme aller denkbaren Polster erfolgt und kontrolliert worden sei. Optimale Lagerung auch unter Verwendung von Hilfsmitteln biete nicht immer sicheren Schutz vor der Entstehung von Druckstellen. Das gelte insbesondere bei Bauchoperationen, bei denen die vorliegend vorgenommene Rückenlagerung dem medizinischen Standard entspreche und der Körper des Patienten auf dem Operationstisch bis auf das Operationsfeld steril abgedeckt sei.