
Die Gesamtstrafe – manchmal auch eine „böse Falle“
Eigentlich ist alles ganz einfach: Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die zusammen verhandelt werden, so wird er im Ergebnis zu einer Gesamtstrafe (Geldstrafe und / oder Freiheitsstrafe) verurteilt (§ 53 StGB). Dazu legt das Gericht zunächst die tat- und schuldangemessenen Einzelstrafen fest und bildet daraus in „angemessener Erhöhung der höchsten Einzelstrafe“ besagte Gesamtstrafe. In der Regel bedeutet dies für den Angeklagten „unterm Strich“ ein günstigeres Ergebnis, weshalb der Gesetzgeber nicht nur die Bildung der Gesamtstrafe, sondern auch die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe vorgesehen hat (§§ 54, 55 StGB). Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung kommt in den Fällen zum Tragen, in denen zum Zeitpunkt einer früheren Gerichtsverhandlung die spätere Verurteilung schon hätte mit einbezogen werden müssen, dieses aber versehentlich unterblieben ist. In diesen – in der Praxis recht häufigen – Fällen wird das frühere Urteil – ggfs. unter Auflösung einer schon dort ausgesprochenen Gesamtstrafe – in die neue Verurteilung mit einbezogen und mit den aktuellen Taten eine neue Gesamtstrafe gebildet. Für deren Bemessung gibt es bestimmte Ober- und Untergrenzen, jedenfalls darf die Höhe der Gesamtstrafe die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Beabsichtigt das Gericht eine ungewöhnlich straffe Zusammenfassung der Einzelstrafen, so dass die Gesamtstrafe die höchste Einzelstrafe nur geringfügig überschreitet, muss es die Gründe dafür ebenso darlegen wie in den Fällen, in denen die Gesamtfreiheitsstrafe wesentlich höher als die höchste Einzelstrafe ausfällt. Hat der Angeklagte die Strafe aus der früheren gesamtstrafenfähigen Verurteilung aber bereits bezahlt oder verbüßt, wird ein sogenannter Härteausgleich in Form einer Strafmilderung für den Umstand vorgenommen, dass eine in der Regel für den Angeklagten unterm Strich günstigere Gesamtstrafenbildung mit der früheren Strafe nicht mehr möglich ist. Autorin: Kirsten Hüfken, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht, Oldenburg; Tel.: 0441 / 27 621.
Und doch ist die für die geeigneten Fälle zwingend vorgeschriebene Vornahme der Gesamtstrafe für den Verurteilten nicht immer von Vorteil:
Ist er beispielsweise zuvor zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die (noch) zur Bewährung ausgesetzt werden konnte und übersteigt die neue nachträglich gebildete Gesamtfreiheitsstrafe die für die Frage einer Aussetzung entscheidende Obergrenze von zwei Jahren, so dass sich schon deshalb eine erneute Diskussion über das Thema Bewährung erübrigt, lässt sich nunmehr eine Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafe nicht mehr verhindern. Ähnlich nachteilig kann sich die nachträgliche Bildung einer Gesamtgeldstrafe auswirken: Übersteigt deren Anzahl nunmehr 90 Tagessätze ,gilt der bislang unbescholtene Bürger als vorbestraft, entsprechendes gilt für eine Freiheitsstrafe, die nachträglich mehr als drei Monate beträgt.