Die Beweislast liegt beim Patienten
In regelmäßigen Abständen müssen Gerichte darüber entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Patient Schadensersatz von einem Krankenhaus verlangen kann, wenn er behauptet, sich während des Aufenthalts mit einem MRSA-Keim, also mit einem gefährlichen multiresistenten Keim, infiziert zu haben. Die Patienten werfen in der Regel dem Krankenhaus vor: Grundsätzlich muss der Patient beweisen, dass den Ärzten ein Behandlungsfehler unterlaufen ist und dieser Behandlungsfehler zu einem Gesundheitsschaden bei Ihnen geführt hat. Häufig scheitert ein Anspruch nach Infektion mit einem Keim schon deshalb, weil es dem Patienten nicht gelingt, zu beweisen, dass er während des stationären Aufenthalts in der Klinik mit dem MRSA-Keim infiziert worden ist. In der Regel bleiben Zeitpunkt und Quelle der Keimübertragung unbekannt. In Deutschland verlangt der fachärztliche Standard nicht, dass jeder Patient auf MRSA getestet wird, wenn er stationär aufgenommen wird. Auf Beweiserleichterungen kann der Patient nur hoffen, wenn die Keime übertragen wurden, obwohl ausnahmsweise das Risiko der Übertragung voll beherrschbar war. Autor dieses Beitrags: Rechtsanwalt und Notar Dr. jur. Eugen Pryzwanski ist Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in der Rechtsanwaltskanzlei Wandscher & Partner; www.rae-wandscher.de .
Ebenso wenig muss ein Patient in der Regel z.B. getrennt von anderen Patienten mit offenen Wunden untergebracht werden.
Der Patient kann auch nicht auf Beweiserleichterungen hoffen. Die Gerichte sehen die Infektion mit einem MRSA-Erreger während eines Krankenhausaufenthalts nicht schon als ein Indiz für eine mangelhafte Behandlung an. Die Infektion gehört zum Lebensrisiko des Patienten, das entschädigungslos bleibt, wenn es sich verwirklicht.
Der Patient kann auch nicht verlangen, dass in seiner Krankenakte dokumentiert wird, dass die allgemeinen Hygieneregeln und -standards eingehalten wurden. Es kommt nur darauf an, ob die in der Klinik allgemein geltenden Standards ausreichen, insbesondere ob der Hygieneplan den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts entspricht.
Etwaige zu beanstandende Abweichungen muss allerdings wiederum der Patient darlegen und beweisen. Dies darzulegen ist sehr schwierig. Die Gerichte beauftragen nicht von sich aus einen Sachverständigen, den Plan der Klinik und die Regularien des Robert-Koch-Instituts miteinander zu vergleichen und beanstandungswürdige Diskrepanzen aufzuzeigen.
Es wird ihm aber schwerfallen, nachzuweisen, dass die Keimübertragung durch die gebotene hygienische Vorsorge zuverlässig hätte verhindert werden können. Nur wenn unstreitig oder nachgewiesen ist, dass der Keim aus einem Bereich stammt, dessen Gefahren die Ärzte durch sachgerechte Organisation und Koordinierung des Behandlungsgeschehens objektiv voll hätten ausschließen können und müssen (sog. voll beherrschbares Risiko), müssen sie für die Folgen der Infektion einstehen, sofern sie sich nicht ausnahmsweise entlasten können.
Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen und bewiesen werden können oder andere schwerwiegende Verstöße gegen Hygienestandards nachweisbar sind, kann eine Klage Erfolg haben. Sehr informativ ist die Entscheidung des OLG Naumburg vom 12.6.2012 (1 U 119/11).