
Betroffene sollten bald handeln
Anders ist die Lage bei sog. Bauträgern. Diese errichten auf eigenen Grundstücken eine Immobilie und veräußern dann regelmäßig das fertige Objekt. Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung galt auch für Bauträger das Reverse-Charge-Verfahren, sofern diese zur Errichtung der Immobilie (auch) Bauleistungen von Subunternehmern empfangen. Die Subunternehmer haben den Bauträgern Rechnungen ohne Umsatzsteuer gestellt, und die Bauträger haben die hierauf entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt. Allerdings stand den Bauträgern regelmäßig kein korrespondierender Vorsteuerabzug zur Verfügung, da sie selbst häufig nur steuerfreie Umsätze erbringen. Somit war die von den Bauträgern als Leistungsempfänger abzuführende Umsatzsteuer für diese eine echte wirtschaftliche Belastung. In einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 (Aktenzeichen V R 37/10), wurde entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden, dass die Bauträger selbst überhaupt keine Bauleistungen erbringen. Vielmehr ist der Verkauf der Immobilie durch den Bauträger eine Grundstückslieferung, die nicht in den Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens nach § 13b UStG fällt. Damit haben die Bauträger insoweit die Umsatzsteuer bisher zu Unrecht an das Finanzamt abgeführt und können diese Beträge erstattet bekommen! Dies gilt selbst dann, wenn diese Unternehmen neben dem Bauträgergeschäft auch noch eigene Bauleistungen z.B. als Generalunternehmer erbringen. Diese Rechtsprechung wird von der Finanzverwaltung nunmehr auch in allen offenen Fällen angewandt (BMF-Schreiben vom 5. Februar 2014). Unter den Voraussetzungen des § 233a UStG werden die Erstattungsbeträge darüber hinaus mit sechs Prozent (!) pro Jahr verzinst. Es wird den Bauträgern somit dringend empfohlen, für alle offenen Jahre entsprechende Änderungsanträge zu stellen bzw. geänderte Umsatzsteuerjahreserklärungen abzugeben. Die Kehrseite der Medaille trifft die Subunternehmer. Die Finanzverwaltung wird zweifellos versuchen, die an die Bauträger erstatteten Beträge nunmehr von den Subunternehmern zu erhalten. Hier greift nach der in der Literatur derzeit überwiegenden Meinung jedoch der Vertrauensschutz des § 176 Abs. 2 AO ein. Da sich die Subunternehmer auf die bisherige Verwaltungsauffassung im Umsatzsteueranwendungs-Erlass verlassen und das Reverse-Charge-Verfahren angewandt haben, darf die Finanzverwaltung die Umsatzsteuerfestsetzungen nun nicht zu deren Nachteil ändern. Im Ergebnis würde somit der Fiskus auf diesen Beträgen „sitzen bleiben“. Die Finanzverwaltung will diesen Vertrauensschutz für die Subunternehmer hingegen nicht gelten lassen. Sofern entsprechende Änderungsbescheide kommen, wird den Subunternehmern empfohlen, sich hiergegen mit einem Einspruch zu wehren und den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO zu begehren. Autoren: Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) Simon Moorkamp (li.) ist Partner der KDK Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co. KG in Oldenburg. Darüber hinaus engagiert er sich als Referent für die H.a.a.S. GmbH Seminare + Vortrag im Rahmen der Aus- und Fortbildung von Berufskollegen sowie deren Mitarbeiter. Telefon: 0441 / 570 557-0 ( www.kdk-stb.de ). Dr. Ulf Künnemann ist Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Erbrecht, für Steuerrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht mit den Tätigkeitsschwerpunkten Erbrecht, Gesellschaftsrecht und Unternehmensnachfolge, Partner der Sozietät Korte Dierkes Künnemann und Partner (KDK) in Oldenburg, Telefon: 0441 / 97 37 80 ( www.kdk-rae.de ).