
Aktuelles zum Handelsvertreterrecht
Fast jeder hatte es schon einmal mit einem Versicherungsvertreter zu tun. Dabei handelt es sich um eine Sonderform des sogenannten Handelsvertreters. Handelsvertreter ist nach dem Handelsgesetzbuch, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Wesentliche Merkmale sind somit die Selbstständigkeit und die Pflicht, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen. Im Gegensatz dazu trifft z.B. den (Handels-)Makler keine generelle Tätigkeitspflicht. Die Autorin: Rechtsanwältin Swantje Steenemann ist Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht und tätig im Bereich Insolvenzrecht in der Rechtsanwaltskanzlei Wandscher & Partner; www.rae-wandscher.de .
Als Vergütung erhält der Handelsvertreter eine Provision für alle während der Vertragslaufzeit aufgrund seiner Tätigkeit abgeschlossenen Geschäfte. Nach der gesetzlichen Regelung entsteht der Provisionsanspruch dabei nicht schon mit dem Vertragsabschluss, sondern erst mit der tatsächlichen Ausführung des Geschäftes. Diese Regelung greift jedoch nur, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Wie der Bundesgerichtshof kürzlich noch einmal bestätigt hat, ist nämlich grundsätzlich zunächst die von den Parteien getroffene Provisionsvereinbarung im Handelsvertretervertrag maßgeblich (BGH VII ZR 87/14). Der Zeitpunkt kann daher einvernehmlich sowohl nach vorne als auch auf einen späteren Zeitpunkt hinaus geschoben werden.
Kündigt der Unternehmer den Handelsvertretervertrag unter Einhaltung der Kündigungsfrist kann dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch zustehen. Voraussetzung dafür ist, dass der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen, von dem Handelsvertreter geworbenen Kunden, auch nach der Vertragsbeendigung Vorteile zieht. Zudem muss die Zahlung eines Ausgleiches unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entsprechen. Das OLG München hat sich insoweit zu der Frage geäußert, wann denn ein neuer Kunde in diesem Sinne vorliegt (vgl. 7 U 4103/10). Neu seien solche Kunden, die bisher noch keine Geschäfte mit dem Unternehmer getätigt hätten. Grundsätzlich sei der Begriff des neuen Kunden aber branchenbezogen zu verstehen. Ein Handelsvertreter, dem z.B. von vornherein nicht die gesamte Produktpalette des Unternehmers einer Branche (hier: Brillen) zum Vertrieb anvertraut worden sei, sondern nur einzelne Produkte, nämlich die Kollektionen bestimmter Marken, werbe auch dann Optiker als Neukunden, wenn diese zuvor bereits Kollektionen anderer Marken des Unternehmers erworben hätten. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob eine solche Auslegung mit den Richtlinien der Europäischen Union vereinbar ist, nun dem EuGH vorgelegt (BGH VII ZR 328/12).
In jedem Fall muss der Handelsvertreter beachten, dass er den Ausgleichsanspruch innerhalb eines Jahres geltend machen muss. Anderenfalls erlischt der Anspruch. Aufgrund der zu beachtenden Fristen und der rechtlichen Probleme ist somit in jedem Fall eine anwaltliche Beratung sinnvoll, um seine Rechte auch vollständig durchzusetzen.