
„2x3 macht 4 widdewiddewitt und 3 macht 9e“
Astrid Lindgren ist vor vielen Jahren von uns gegangen, aber ihre Schöpfung, Pippi Langstrumpf, lebt weiter. Und das nicht nur in Filmen und in den Köpfen von Kindern und Erwachsenen; auch deutsche Gerichte lässt das Thema nicht los. Was verbirgt sich hinter dem Streit? Ein Unternehmen, das Einzelhandelsmärkte betreibt, hatte ein Mädchen als „Pippi Langstrumpf“ im Karnevalskostüm verkleidet, mit rot-grünen Ringelstrümpfen, Sommersprossen und langen Zöpfen; für jeden Kinderbuchleser und Fan unverkennbar. Und man machte damit fleißig Werbung auf Plakaten, in Anzeigen und im Internet. Warum ist die Sache dann noch nicht erledigt? Möglicherweise verletzt das Werbekonzept des Unternehmens wettbewerbsrechtliche Regelungen. Ein Unternehmen hat sich an Spielregeln zu halten, und dazu gehört es auch, andere nicht ohne Weiteres nachzuahmen. Jetzt urteilte das Oberlandesgericht, dass Pippi Langstrumpf zwar mit dem Karnevalskostüm nachgeahmt wird; aber zu einem Wettbewerbsverstoß gehört etwas mehr, nämlich Unlauterkeit. Diese sei aber gerade nicht gegeben, denn der durchschnittliche Betrachter erkennt ja den Unterschied zwischen der (nicht lizenzfreien) Originalfigur und dem Mädchen im Karnevalskostüm. Der Autor dieses Beitrags: Alexander Mühlbauer, LL.M., ist Rechtsanwalt und Notar in Oldenburg und zugleich auch Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Fachanwalt für Strafrecht.
So wird sich Mitte November der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit dem Thema befassen; und dies in der gleichen Sache nicht zum ersten Mal. In Sachen Pippi Langstrumpf und deren Vermarktung als Figur durch eine Einzelhandelskette hatte das höchste deutsche Gericht bereits 2013 ein Urteil gefällt, das jedoch noch nicht endgültig sein konnte. Noch einmal musste sich das zuständige Oberlandesgericht als Vorinstanz mit der Sache beschäftigen, was es auch gründlich tat, denn jetzt urteilte man ganz anders als noch zuvor, so dass die andere Seite, die nunmehr zu unterliegen droht, in Revision ging. Das wird Thema einer Verhandlung Mitte November in Karlsruhe sein.
Es dauerte nicht lange, bis die Erben der Autorenrechte Lindgrens auf dem Plan waren. Schadensersatz forderte man und erhielt diesen zunächst auch, bis der Bundesgerichtshof 2013 entschied, dass jedenfalls Urheberrechte nicht verletzt sind. Unzulässig „abgekupfert“ (unzulässige Übernahme nach § 23 Urhebergesetz) hat man erst dann, wenn man die ganze Figur übernimmt, nicht aber, wenn einzelne Merkmale wie Zöpfe und Strümpfe übernommen werden.
Und vom Ausnutzen könne auch keine Rede sein, denn so richtig beeinträchtigt seien die Erben des künstlerischen Nachlasses Astrid Lindgrens auch nicht.
Schauen wir also, was der Bundesgerichtshof dazu sagt. Am 19. November wird darüber verhandelt werden.