Arm und überschuldet – trotz Arbeit
Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung und damit einhergehende Niedrigeinkünfte sind die Hauptursachen für Überschuldung. Diese wiederum beschleunigt Arbeitsverlust und verhindert den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt. Die Aktionswoche Schuldnerberatung 2015 vom 15. bis 19. Juni macht den Zusammenhang von prekärer und atypischer Beschäftigung und Überschuldung zum Thema. Mehr und mehr Menschen mit Niedrigeinkünften sind überschuldet oder laufen Gefahr, sich zu überschulden und wenden sich hilfesuchend an Schuldnerberater. Alle relevanten gesellschaftlichen Akteure aus Wirtschaft, Politik, Gewerkschaften, Sozialleistungsträger, Verwaltung und Verbänden sind aufgefordert, sich mit prekärer und atypischer Beschäftigung und den daraus entstehenden sozialen Problemen zu befassen. ■ Anspruch auf Schuldnerberatung für Erwerbstätige im Sozialgesetzbuch festschreiben Wenn Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen überschuldet sind, benötigen sie zeitnahe Beratung und Unterstützung, um nicht tiefer in die Schuldenfalle zu geraten und das ohnehin unbeständige Arbeitsverhältnis zu gefährden. Der Schuldnerberatung kommt hier eine zentrale Rolle zu. In Folge einer Entscheidung des Bundesssozialgerichts ziehen sich Kommunen allerdings zunehmend aus der Förderung der Schuldnerberatung für Erwerbstätige zurück. Den Betroffenen bleibt der Weg in die Schuldnerberatung verwehrt. Diesen Zusammenhang gilt es durch eine gesetzliche Änderung zu beheben. Gerade Menschen in Arbeit mit geringen Einkommen brauchen einen individuellen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung. ■ Sozialleistungen bedarfsgerecht ausgestalten Gerade für Familien mit Kindern ist der Mindestlohn von 8,50 Euro nicht existenzsichernd. Sie müssen Ihr Einkommen mit Grundsicherungsleistungen aufstocken. Die Schuldnerberatung erlebt, dass viele Ratsuchende in prekären Beschäftigungsverhältnissen sogenannte „Aufstocker“ sind. Die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II und XII sind trotz der Erhöhung zum 1. Januar 2015 nicht bedarfsdeckend. Sozialleistungen müssen daher bedarfsgerecht entwickelt werden. Das gilt insbesondere bei der Versorgung von Haushalten mit Energie. Der Anteil für Energiekosten im Regelbedarf war und ist deutlich zu gering angesetzt. Energieschulden sind praktisch vorprogrammiert. Deswegen ist die Ermittlung des Regelbedarfs für Haushaltsstrom gesondert zu ermitteln und zeitnah anzupassen. ■ Einmalige Leistungen wieder einführen Ratsuchende mit niedrigem Einkommen sind in der Regel nicht in der Lage, größere Reparaturen oder Anschaffungen (Waschmaschine, Kühlschrank etc.) zu bezahlen. Sie sind gezwungen, Finanzierungsangebote zu nutzen oder Darlehen beim Jobcenter aufzunehmen. Die Rückzahlung sprengt häufig das ohnehin schon knappe Budget. Überschuldung ist oftmals die Folge. Einmalige Beihilfen sind wieder einzuführen. ■ Schuldner- und Budgetberatung für Ältere zusätzlich finanzieren Prekär Beschäftigte arbeiten nicht nur häufig im Niedriglohnsektor, sondern haben durch befristete Verträge usw. oft auch eine unterbrochene Erwerbsbiografie. Konsequenz im Alter ist, dass die Rente den Lebensunterhalt nicht decken kann. Altersarmut und Schulden im Alter sind oftmals die Folge. Hier gilt es, ein gutes Beratungsangebot vorzuhalten, das die Belange und Probleme älterer Menschen berücksichtigt. Die Leistung der Schuldnerberatung für diese besondere Zielgruppe muss bei der Finanzierung Berücksichtigung finden. ■ Höhe des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns regelmäßig überprüfen Der allgemein gesetzliche Mindestlohn muss regelmäßig in seiner Höhe überprüft werden, damit die gegenseitige Verstärkung von prekärer Beschäftigung, fehlender Tarifbindung und Niedriglohn durchbrechen kann. Seine Anwendung muss kontrolliert und durchgesetzt werden. Autor: Kurt Klose, Geschäftsführer Insolvenz- und Schuldnerberatung Friesland e.V.
Auch die Pauschalen für die Heizenergie sind vor Ort oftmals zu niedrig und werden im Einzelfall rechtswidrig nicht angepasst. Die Übernahme von Energie- und Heizkosten muss insbesondere bei Überschuldung – entweder in Form eines Darlehens oder als Zuschuss – abgesichert werden.