
Wenn das Finanzamt Steuerbescheide schätzt...
Wer seine Steuererklärung nicht fristgerecht beim Finanzamt vorlegt und auch nach mehrmaliger Aufforderung seitens des Finanzamts trotzdem seine Steuererklärung nicht abgibt, der darf durchaus damit rechnen, dass sein Steuerbescheid im Rahmen einer Schätzung eintrudelt. Ist es erst einmal soweit gekommen, sollten Sie innerhalb der Einspruchsfrist reagieren. Wie lange haben Sie Zeit für den Einspruch? Ihren Einspruch müssen Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids einlegen (§ 355 Abs. 1 AO). Fällt das Ende der Einspruchsfrist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, läuft die Frist erst mit Ende des darauffolgenden Werktags ab (§ 108 Abs. 3 AO). Ihr Einspruch muss am letzten Tag der Frist – spätestens bis 24.00 Uhr – bei Ihrem Finanzamt eingegangen sein. Es reicht also nicht, wenn Sie Ihren Einspruch nur innerhalb der Einspruchsfrist abschicken. Sie können Ihren Einspruch auch noch bis 24.00 Uhr des letzten Tages in den Hausbriefkasten des Finanzamts werfen. Fehlerhafte Schätzung? In Einzelfällen kann der auf einer fehlerhaften Schätzung beruhende Steuerbescheid jedoch nichtig sein. Dies ist der Fall, wenn sich das Finanzamt nicht an den wahrscheinlichen Besteuerungsgrundlagen orientiert, sondern bewusst und willkürlich zum Nachteil des Steuerpflichtigen geschätzt hat, z.B. wenn es bei einem nicht auskunftswilligen Steuerpflichtigen Einkünfte ansetzt, die er unmöglich erzielt haben kann. Entsprechendes gilt, wenn die Schätzung nicht plausibel ist, wenn durch die Höhe der Steuerlast nur Druck auf den Steuerpflichtigen ausgeübt oder wenn lediglich das Verfahren beschleunigt werden soll. (Siehe dazu Bundesfinanzhof – BFH vom 1.12.1998 III B 78/97 und Finanzgericht – FG München vom 4.9.2008, 2 K 1865/08). Ein Einspruch kostet nichts! Wird ein Einspruch von Ihnen selbst eingelegt, fallen keine Kosten an. Es muss aber damit gerechnet werden, dass sich die Rechtssache zu ungunsten des Steuerpflichtigen entwickelt. Gibt die zuständige Behörde dem Einspruch nicht statt, kann mittels Klage beim Finanzgericht gegen die Einspruchsentscheidung vorgegangen werden. Fazit Lassen Sie die Einspruchsfrist nicht verstreichen. Suchen Sie sich kompetente Hilfe beim Steuerberater, Rechtsanwalt oder Lohnsteuerhilfeverein und treffen dann eine Entscheidung über die weitere Vorgehensweise. Autor: Jens Büsselmann, 1. Vorsitzender Deutsches Arbeitnehmer Steuerbüro e.V. Lohnsteuerhilfeverein.