Digitalisierung auch strategisch in den Fokus nehmen
Chancen und Risiken im Spiegel der Lageberichterstattung
Der Lagebericht übernimmt insbesondere für Außenstehende als eigenständiger, vom Jahresabschluss (JA) jedoch nicht unabhängiger Teil der jährlich zu publizierenden Rechnungslegungselemente eine Informations-, Rechenschafts- und Ergänzungsfunktion. Im Zusammenspiel mit dem JA soll er den Adressaten, frei vom gesetzlich fixierten Vorsichtsprinzip, jedoch unter Einhaltung der Grundsätze der Klarheit, Übersichtlichkeit und Vollständigkeit und durch die Berücksichtigung der nicht kodifizierten Prinzipien der Wahrheit und Wesentlichkeit eine Gesamtbeurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ermöglichen. Neben der ausgewogenen, umfassenden, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit Rechnung tragenden Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft hat der LB ohne Einschränkung des Anwenderkreises einen CRP-Bericht zu enthalten. In dieser ist unter Angabe der den Prognosen zugrundeliegenden Annahmen die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens (Prognosebericht) mit Ihren wesentlichen Chancen und Risiken (Chancen- und Risikobericht) zu beurteilen und zu erläutern. Eine reine Nennung etwaiger Chancen- und Risiken ist nicht ausreichend. Im Juni 2018 wurden zufällig 50 nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen aus dem Bundesanzeiger (BAnz) ausgewählt, deren Geschäftsjahr am 31.12.2017 endet. Die vorliegende Untersuchung von Lageberichten bestätigt aus der Perspektive der Rechnungslegungsadressaten, dass die Digitalisierung vielfach offenbar noch nicht als eine zentrale Herausforderung in der Unternehmensführung angekommen ist. Wie die Auswertung der LB zeigte, sind bis auf ein Unternehmen, alle anderen in den Geschäftsjahren 2016 und 2017 der Pflicht zur Erstellung eines Risikoberichts nachgekommen. Bei der Untersuchung der einzeln benannten Risiken, wiesen 2017 nur rund 38 % der Unternehmen konkrete Einzelrisiken aus, die der Kategorie der IT-Risiken zuzuordnen waren. Ein Jahr zuvor lag der Wert noch bei 36 %. Somit berichten fast zwei Drittel der Unternehmen nicht über Digitalisierungschancen und -risiken. In Anbetracht der Annahme, dass nahezu jedes Unternehmen von den sich verändernden technischen Parametern betroffen sein wird, eine viel zu kleine Anzahl. Dieses insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Risiken der deutliche Schwerpunkt auf IT Stabilität und im Bereich der Chancen hauptsächlich der Ausbau von ERP- oder CRM-Systemen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung genannt wurden. Was aber ist mit den viel umfangreicheren und einschneidenden Entwicklung beispielsweise disruptiver Wertschöpfungseliminierungen beispielsweise durch 3D Drucker. Im Chancen- und Risikoprofil des Unternehmens müssen diese Themen zwangsläufig einen Niederschlag finden. Der Wert eines Unternehmens hängt heute nicht mehr davon ab, welche Werte es in Hallen und technische Anlagen hat, sondern wie es sich dieser schnelllebigen Welt der Bits und Bites stellt. Wie angreifbar und gleichzeitig resilient es ist. Nach Meinung der Verfasser sollte, neben dem Einhalten der Mindeststandards in den Aussagen zur allgemeinen IT-Thematik, immer auch Aussagen zur Stellung des Unternehmens in der digitalen Außenwelt im Lagebericht mit aufgenommen werden. Fortschrittliche Unternehmen nehmen dieses Thema mit auf die Agenda bei Gesellschafter-, Beirats- oder Aufsichtsratssitzungen. Inwieweit das Unternehmen seine Auseinandersetzung mit dem Thema dann tatsächlich nach außen tragen will, bleibt auch abzuwägen. Lageberichte, vom Wettbewerb gelesen, eröffnen diesem im Zweifel auch Zugang zu neuen Ideen. Das Aufholen eines Vorsprungs durch Information an den Wettbewerb, steht damit der Offenheit und Klarheit der Berichterstattung möglicherweise ein Stück entgegen.