
Trennung bei Freiberuflern
Steuerneutrale Auseinandersetzung erwünscht
In der Praxis kommt es insbesondere bei Zusammenschlüssen von Freiberuflern (zum Beispiel Architekten oder Rechtsanwälten) zur gemeinsamen Berufsausübung häufig vor, dass die einzelnen Partner unter Mitnahme und Weiterführung von Teilpraxen auseinandergehen. Dieser Vorgang wird als Realteilung bezeichnet. In steuerlicher Hinsicht müssen die Beteiligten beachten, dass durch die Trennung keine stillen Reserven aufgedeckt werden, was zu mitunter erheblichen Steuerbelastungen führen kann. Das Ziel sollte folglich sein, dass die Trennung steuerlich zu Buchwerten, also ohne Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven, erfolgt. Mit seinem Urteil vom 17.09.2015 (III R 49/13, RS1192375) teilt der III. Senat des BFH nun die bereits in der Literatur (vgl. Kulosa, in: H/H/R § 16 Rn. 542, der die Zuweisung einer strukturierten Einheit als (Teil-)Betriebsaufgabe der bisherigen Gesellschaft sieht) vertretene Auffassung, dass eine Realteilung auch dann vorliegen kann, wenn ein Mitunternehmer (Gesellschafter) unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Personengesellschaft ausscheidet, die übrigen Mitunternehmer die Gesellschaft jedoch weiterhin fortführen. Der Streitfall betraf das Ausscheiden einer Gesellschafterin aus einer freiberuflichen Beratungs-Sozietät. Als Abfindung wurde eine selbstständige Teilpraxis vereinbart. Die verbliebenen Gesellschafter führten die Beratungs-Sozietät fort. Bislang forderte die Rechtsprechung, dass die bisherige Gesellschaft in Form von Teilbetrieben von den einzelnen Gesellschaftern fortgeführt wird, also die bisherige Gesellschaft an sich nicht weiterbesteht. Dies sieht das Gericht nun anders. Der Begriff der „Realteilung“ schließe vielmehr das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehenden Gesellschaft unter Mitnahme eines – weiterhin zum Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen gehörenden – Teilbetriebs ein. Zur Begründung seiner Entscheidung führt der BFH an, dass eine Realteilung sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich nicht belasten soll und dies unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung auch dann gegeben ist, wenn die Mitunternehmerschaft nach Ausscheiden eines Gesellschafters weiterhin fortbesteht. Die Realteilung bietet über die steuerneutrale Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter hinaus auch die Möglichkeit, Verbindlichkeiten, die dem Teilbetrieb zugeordnet werden, zu übertragen, ohne stille Reserven der Besteuerung unterwerfen zu müssen.
Fazit: Es ist zu begrüßen, dass der BFH den Realteilungsbegriff erweitert hat. Die neuen Grundsätze eröffnen insbesondere für die Auseinandersetzung von Freiberuflerpraxen neue Gestaltungsspielräume. Grundsätzlich sollten sich Freiberufler bzw. Steuerpflichtige generell, die ihren Beruf gemeinschaftlich ausüben wollen, bereits vor tatsächlichem Zusammenschluss auch über mögliche Konsequenzen im Streitfall bzw. im Auseinandersetzungsfall beraten lassen. In vorliegenden Fällen sollte zwingend ein steuerlicher Berater hinzugezogen werden.