
Pflichtteilsanspruch im Erbschaftsteuerrecht
Bei einem geerbten Pflichtteilsanspruch wird die Erbschaftssteuer mit dem Erbfall fällig
Diese wirtschaftliche Leis tungsfähigkeit ist bereits dann gesteigert, wenn das Vermögen um einen (schuldrechtlichen) Anspruch gemehrt ist. Die so gesteigerte Leistungsfähigkeit findet ihren Ausdruck im Wert (Bemessungsgrundlage) der „Bereicherung“, die sich wiederum in Gestalt eines Vermögensanfalls nach bürgerlichem Recht auf den Zeitpunkt des Erbanfalls vollzieht. Gegenstand der Bereicherung ist hierbei der Netto-Vermögenszuwachs (Bruttovermögen abzüglich Nachlassverbindlichkeiten). Der Erbe (Erwerber) ist mithin bereichert, wenn er diesen schuldrechtlichen Anspruch erwirbt. Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch und beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanteils. Bei Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, wird bezüglich der Pflichtteilsquote zwischen dem großen (erbrechtliche Lösung) und dem kleinen Pflichtteil (güterrechtliche Lösung) unterschieden. Dieser Pflichtteil entsteht mit dem Erbfall als Vollrecht, zählt zivilrechtlich zum Vermögen des Pflichtteilsberechtigten und bemisst sich nach dem Wert und Bestand des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls. Der Erwerb dieses Pflicht teilsanspruchs unterliegt nach dem Erbschaftsteuerrecht der Erbschaftsteuer. Entgegen dem bürgerlichen Recht, wo der Anspruch bereits mit dem Erbfall entsteht (§ 2317 BGB), entsteht die Erbschaftsteuer allerdings erst mit dem Zeitpunkt des Geltendmachens des Anspruchs. Dieses zeitliche Hinausschieben der erbschaftsteuerlichen Folgen eines Pflichtteilsanspruchs geschieht im Interesse des Berechtigten (Erben) und soll verhindern, dass auch dann Erbschaftsteuer anfällt, wenn er seinen Pflichtteilsanspruch zunächst oder dauerhaft nicht erhebt. Geltendmachung bedeutet nicht die gerichtliche Durchsetzung. Es genügt, dass sich der Pflichtteilsberechtigte an den Erben wendet und zu erkennen gibt, dass er ernstlich auf die Erfüllung seines Anspruchs besteht. Sollte also der Pflichtteilsberechtigte noch nicht entschlossen sein, den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen und auch durchzusetzen, bietet es sich an, um nicht die Erbschaftsteuer auszulösen, zunächst ein Auskunftsanspruch gegenüber dem/n Erben über die Höhe des Nachlasses geltend zu machen, welcher Grundlage für die Entscheidung der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs ist. Anders verhält es sich, wenn ein Pflichtteilsanspruch geerbt wird; denn ein Pflichtteilsanspruch selbst ist grundsätzlich vererblich und übertragbar (§ 2317 BGB), gehört also beim Ableben des Pflichtteilsberechtigten zu dessen Nachlass. Der Erbe des Pflichtteilsberechtigten kann wiederum den durch Erbanfall erworbenen Pflichtteilsanspruch geltend machen, selbst dann, wenn der verstorbene Pflichtteilsberechtigte dies persönlich zu Lebzeiten unterlassen hat. Hierzu hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 7.12.2016, II R 21/14 herausgestellt, dass in diesem Fall die Erbschaftsteuer nicht erst mit Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs entsteht, sondern bereits mit dem Erbanfall, denn dieser Pflichtteilsanspruch des Erblassers (Verstorbenen) ist Bestandteil seines Nachlasses. Dieser geht mit Erbanfall auf den/die Erben über. Es liegt also ein geerbter (derivativer) Pflichtteilsanspruch vor. Für diesen Erwerb entsteht die Erbschaftsteuer also bereits mit dem Tode des Pflichtteilsberechtigten, ohne dass es auf die Geltendmachung des Anspruchs durch dessen Erben ankommt. Eine doppelte Besteuerung „eines“ Pflichtteilsanspruchs erfolgt nicht, denn macht der Erbe des Pflichtteilsberechtigten den (dessen) Pflichtteilsanspruch später (also nach Erbanfall) geltend, entsteht dafür keine Erbschaftsteuer. Die Geltendmachung des Pflichtteils führt auf Seiten des Verpflichteten wiederum zu einer Nachlassverbindlichkeit, die vom geerbten Vermögen abgezogen werden kann.