Zu hoher Kraftstoffverbrauch: Rücktritt möglich? – Kein Mangel des Fahrzeuges Das OLG Brandenburg hatte sich kürzlich mit einem äußerst praxisrelevanten Fall zu beschäftigen: Die Klägerin hatte ein Neufahrzeug gekauft und sich zuvor über den Kraftstoffverbrauch erkundigt. Zum einen lag der Klägerin ein Prospekt des Herstellers vor, in dem angegeben wurde „Verbrauch städtisch/außerstädtisch/kombiniert Liter/100 km 7,6/4,9/ 5,9“. Zum anderen hatte die Klägerin den Verkäufer befragt. Dieser hatte erklärt, dass die Angaben zutreffend seien. In der Folgezeit stellte die Klägerin jedoch fest, dass der tatsächliche Verbrauch deutlich über den Prospektangaben lag. Sie ist daher von dem Kaufvertrag zurückgetreten und verlangte den Kaufpreis zurück sowie Schadensersatz. Der Verkäufer lehnte eine Rückabwicklung des Vertrages ab. Das in erster Instanz zuständige Landgericht hat einen Sachverständigen damit beauftragt, den Verbrauch zu überprüfen. Dieser ermittelte mit der sog. Nachtankmethode einen Verbrauch außerorts von 6,5 Litern pro 100 km. Damit lag der tatsächlich festgestellte Verbrauch mehr als zehn Prozent über den Herstellerangaben. Das Landgericht hat daher der Klägerin Recht gegeben und den Verkäufer verurteilt, das mangelhafte Fahrzeug zurückzunehmen und darüber hinaus der Klägerin Schadensersatz zu zahlen. Der Verkäufer hat Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt und gewonnen: Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Kaufvertragsparteien keine Vereinbarung über die tatsächlichen Verbrauchswerte des Fahrzeuges getroffen haben. Vielmehr haben sich die Angaben in dem Prospekt des Herstellers nur auf den Verbrauch in bestimmten Messverfahren bezogen. Dementsprechend haben sich die Parteien nur darüber geeinigt, dass die Werte bei einem bestimmten Messverfahren und nicht zwangsläufig auch „auf der Straße“ zu erzielen seien. Dies gelte selbst dann, wenn die Klägerin dies anders verstanden haben sollte. Der Klägerin sei erkennbar gewesen, dass die Herstellerangaben auf einer „verobjektivierenden“ Grundlage beruhten und dass sich der bei individueller Fahrweise erzielte Verbrauch mit den angegebenen Werten nicht decken müsse. Die Klägerin habe daher nur erwarten können, dass die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar seien – und nicht im täglichen Straßenverkehr. Zudem hat das Gericht ausgeführt, dass Verkäufer bzw. Hersteller den Kunden nicht deutlicher darauf hinweisen müssten, dass die angegebenen Werte nicht der Realität entsprechen. Sind daher die tatsächlichen Verbrauchswerte höher als die Werte, die der Hersteller nennt, ergibt sich daraus kein Mangel des Fahrzeuges. Ein Rücktrittsrecht besteht nicht.
Autorin:
Rechtsanwältin und Notarin Kerstin Jansen ist Fachanwältin für Verkehrsrecht und Fachanwältin für Transport- und Speditionsrecht in der Rechtsanwaltskanzlei Wandscher & Partner; www.rae-wandscher.de .