
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten operieren
Ein Neugeborenes mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (LKG-Spalte) kann für die Eltern im ersten Moment ein kleiner Schock sein. Oft wird heutzutage jedoch bereits vor der Entbindung beim 20-Wochen-Ultraschall die entsprechende Diagnose gestellt, so dass sich die Eltern auf das weitere Vorgehen einstellen können. Die ärztliche Betreuung erstreckt sich dann von einer ersten vorgeburtlichen Kontaktaufnahme bis zu den Nachuntersuchungen nach den OPs und der Begleitung bis ins Erwachsenenalter. Die interdisziplinäre Behandlung Grundsätzlich ist zu sagen, dass es sich bei der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte um eine ganz normale pränatale Entwicklungsstufe handelt. Jeder Mensch hat in der embryologischen Entwicklung eine LKG-Spalte! Diese wird im Laufe der Entwicklung des Embryos in der Schwangerschaft normalerweise geschlossen (Wochen sechs bis neun), nur bei Patienten mit Spalte geschieht das nicht. Das kann erblich bedingt oder reiner Zufall sein (was häufiger ist). Vermutlich sind manchmal auch äußere Einflüsse, zum Beispiel Toxine, Medikamente oder Rauchen, beteiligt, deren Rolle aber nicht definitiv geklärt ist. Der richtige OP-Zeitpunkt Der Verschluss einer angeborenen Lippenspalte erfolgt heute zumeist im Alter von zwei bis drei Monaten. Der Verschluss einer Gaumenspalte folgt dann mit ca. sechs bis neun Monaten. Dies gilt in erster Linie bei ansonsten gesunden Kindern. Bei Frühgeborenen oder Kindern mit Syndromen erfolgen Eingriffe oftmals später. Unauffälliges Narbenbild Bezüglich der zu erwartenden Ästhetik sollten Eltern wissen, dass es heute möglich ist, LKS-Spalten ästhetisch überzeugend zu operieren (ggf. mit kleinen Korrekturen der Narben im Verlauf des Wachstums in einem zweiten ambulanten Eingriff). Es ist jedoch trotz aller medizinischen Fortschritte nicht möglich, die resultierenden Narben vollständig verschwinden zu lassen. Sie können von einem versierten Chirurgen allerdings in natürliche Falten oder Erhebungen platziert und so unauffälliger gemacht werden und dann innerhalb von sechs bis zwölf Monaten sehr unauffällig verblassen. Autor dieses Beitrags: Dr. Mike Rüttermann, Hand- und Plastische Chirurgie Oldenburg & Aesthetik Team Oldenburg Dr. Mike Rüttermann ist Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Am 7. und 8. September wird er im Universitätskrankenhaus Groningen Weiterbildungskurse der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen zum Thema „Plastisch-chirurgische Behandlung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten“ abhalten.
Die meisten Eltern kommen eine bis drei Wochen nach der Geburt des Kindes in die chirurgische Beratung, um sich über die Behandlungsmöglichkeiten zu informieren und das operative Vorgehen zu besprechen.
Wichtig ist es, den Patienten als Mensch gesamtheitlich zu behandeln, die Eltern optimal zu unterstützen, und nicht nur die Spalte zu schließen. Zum interdisziplinären Team gehören auch Pädagogen, Psychologen und Logopäden (Sprachtherapeuten). Gemeinsam tragen sie dazu bei, dass die durch die LKG-Spalte beeinträchtigten Funktionen der Ernährung, der Sprache und des Gehörs möglicht schnell normalisiert werden und eine ungestörte Entwicklung erreicht werden kann.
Betroffene Säuglinge sollten zusammen mit ihren Müttern für den Ersteingriff stationär aufgenommen und durchgängig klinisch betreut werden. Sekundäre chirurgische Eingriffe im späteren Kindesalter, zum Beispiel Nasen- und Lippennarben-Korrekturen können oft auch ambulant durchgeführt werden, Eingriffe zur Sprachverbesserung im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthalts. Die Kieferorthopädische Behandlung erfolgt durch den Kieferorthopäden.
Dasselbe gilt für die funktionell und ästhetisch anspruchsvolle Korrektur der Nasen bei LKG-Spaltpatienten, sog. Spaltnasen, deren finale Nachkorrektur leider erst nach relativem Abschluss des Wachstums möglich ist, es sei denn, die Abweichung ist derart dramatisch, dass diese eine zwischenzeitliche Korrektur erfordert.
Sinnvollerweise werden die operativen Schritte derartig geplant, dass mit möglichst wenigen Eingriffen ein optimales Resultat erreicht wird. Zusätzliche Eingriffe sollten lediglich durchgeführt werden, wenn durch diese eine deutliche Verbesserung, ästhetisch und funktionell, erreicht werden kann.
Neben seiner Tätigkeit in Oldenburg und dem Ammerland ist Dr. Mike Rüttermann als Plastischer Chirurg in der Universitätsklinik Groningen tätig. Angeborene Fehlbildungen im Kopf-Halsbereich sowie die Hand- und Handgelenkschirurgie, auch angeborene Handfehlbildungen, gehören zu seinen Schwerpunkten. Er ist ein gefragter Kongressredner, Reviewer für medizinische Fachzeitschriften und Editorial Board Mitglied des „Journal of Handsurgery – European Volume“.