Wenn Ohrgeräusche zur Qual werden
Versorgung mit Hörsystemen hilft Lebensqualität zu steigern
Wichtig zu wissen ist, dass Tinnitus keine Krankheit als solche ist, sondern ein Symptom bzw. Warnsignal, vergleichbar mit Schmerz, wie unser Experte Tim Isermann betont. Hinter Tinnitus steckt nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft hauptsächlich ein Defekt: Zerstörte bzw. gereizte Haarsinneszellen im Innenohr bzw. in der Hörschnecke (Cochlea). Sie können im Zuge der Beanspruchung durch zu viel Lärm ausfallen, z. B. bei zu hoher Lärmbelästigung am Arbeitsplatz oder auch altersbedingt (Altersschwerhörigkeit). Die zerstörten oder gereizten Sinneszellen der Hörschnecke leiten keine Signale mehr an das Gehirn weiter. Den Nervenzellen im Hörzentrum des Gehirns ist es langweilig. Auf das Ausbleiben echter Signale reagieren sie mit verstärkter Aktivität und melden „Phantomgeräusche“. Das Gehirn versucht den Hörverlust auszugleichen, aufgrund des Wissen, das es hat, wie unser Experte erklärt. Hier setzt die Tinnitus-Retraining-Therapie nach ADANO an. Bei der Retraining-Therapie geht es darum, die störenden Ohrgeräusche nicht mehr bis zum Bewusstsein vordringen zu lassen. Das Gehirn muss lernen, dass das Pfeifen und Brummen bedeutungslos ist und überhört werden darf. Bei der Retraining-Therapie arbeiten HNO-Ärzte, Psychologen und Hörgeräteakustiker eng zusammen. Nach der ärztlichen Diagnostik folgen die Beratung und Aufklärung. Im zweiten Schritt geht es darum mit speziellen Entspannungstechniken tinnitusbedingte Stressreaktionen und Anspannungen abzubauen. In die Therapie fließ gegebenenfalls auch die Behandlung von psychosozialen Schwierigkeiten ein. Kognitives Training hilft, eine positive innere Einstellung zu entwickeln. Damit der Tinnitus nicht mehr die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann, wird er zusätzlich mit technischer Hilfe überlagert. Durch spezielle, vom Hörakustiker individuell angepasste Tinnitusgeräte (Noiser, Masker) werden die „gelangweilten Nervenzellen“ wieder aktiviert, wie unser Experte erklärt: „Sie erzeugen ein angenehmes Rauschen, das leiser sein soll als die Ohrgeräusche. Der Tinnitus darf bildlich gesehen nur wie kleine Bergspitzen aus einem Wolkenband herausragen. So wird das Gehirn an das Geräusch gewöhnt. Es lernt den Tinnitus als bedeutungslos einzuordnen. Mit der Zeit werden die lästigen Ohrgeräusche dezenter bzw. sogar ausgeblendet wie beispielsweise das Brummen eines Kühlschranks“. Dieser Effekt kann bereits nach ein paar Monaten auftreten. Oftmals tritt Tinnitus in Kombination mit einer leichten Schwerhörigkeit auf. Hier genügt es oft schon, wenn die Hörminderungen durch ein individuell angepasstes Hörgerät kompensiert werden. Allein der Umstand, dass Alltagsgeräusche wieder wahrgenommen werden, kann helfen, den Tinnitus zu überdecken. Bei 80 % der Betroffenen werden schon durch eine offene Versorgung Verbesserungen erzielt, so die Erfahrungswerte des Hörakustik-Experten. Die Versorgung mit Hörsystemen ist ein wesentlicher Bestandteil einer Tinnitus-Therapie.