Einsamkeit als neue Volkskrankheit?
Wer einsam ist, erkrankt häufiger – eine Therapie kann wichtige Impulse geben
Es sind insbesondere die alten Menschen, welche sich zunehmend einsam fühlen und darunter leiden. Wer sich einsam fühlt, erkrankt häufiger als andere Menschen – an Krebs, einem Herzinfarkt, Schlaganfall, an Depressionen oder Demenz. Menschen, die sich in Einsamkeit wähnen, sterben eher. Umgekehrt ist es zuverlässig erwiesen, dass eine soziale Eingebundenheit, ein gutes soziales Netz wichtige Schutzfaktoren für die geistige und körperliche Gesundheit sind. Einsamkeit ist auch ein großes Thema in der Psychotherapie. Menschen leiden an dem Gefühl der Einsamkeit und von diesen nagenden Emotionen aus entwickeln sich sehr leicht tiefe Zweifel am Sinn des Lebens. Und auch die Angst vor der Einsamkeit hinterlässt ihre Spuren im täglichen Leben. Aus Angst vor einer möglichen Einsamkeit werden Konflikte nicht ausgetragen und eine überfällige Loslösung oder Trennung wird vermieden. In Großbritannien gibt es inzwischen ein eigenes Ministerium für »Einsamkeit«. Die Briten begründen diesen Schritt mit der »traurigen Realität des modernen Lebens«, die auch dort Millionen von Menschen betrifft. Es geht um »Menschen, die niemanden haben, mit dem sie reden oder ihre Gedanken und Erfahrungen teilen können«. In Deutschland steht die Politik hier noch ganz am Anfang. Bei uns werden in den Medien ältere Menschen gerne als milde lächelnde, körperlich fitte und hübsche »Silver Surfer« dargestellt. Doch auch bei uns sieht die Realität oft anders aus: Im Alter leiden viele Menschen unter Krankheit, Pflegebedürftigkeit und zunehmend auch - unter Einsamkeit. Ein Problem, das mit unserer rapide alternden Gesellschaft zunimmt - und dennoch kaum thematisiert wird. Die Ursache der Einsamkeit ist nicht einfach der Mangel an sozialen Kontakten. Manche Menschen fühlen sich inmitten von anderen Menschen allein, weil sie keine Verbindung fühlen oder aufnehmen können, weil sie sich in ihrer ganz eigenen Art fehl am Platze finden. Auf der anderen Seite können wir ganz allein sein, ohne dass das Gefühl der Verlassenheit entsteht. Wir sind in Verbindung mit uns selbst und genügen uns völlig. Dieser Rückzug zu einem selbst kann eine Möglichkeit der Selbstfindung sein. Der Mensch ist aufgrund seiner biologischen Herkunft ein durch und durch soziales Lebewesen. Enge Freundschaften sind gut für uns Menschen, weil sie Verlässlichkeit, Sicherheit, Geborgenheit und Verstehen bedeuteten. Auch um unser Selbstbewusstsein aufrechtzuerhalten und unsere Unsicherheit zu verringern, sind wir Menschen auf enge Beziehungen zu unseren Mitmenschen angewiesen. Es gibt sicher keine allgemein gültige Lösung. Aber einander helfen, gemeinsam musizieren, singen, tanzen oder Zeit draußen in der Natur verbringen, wirken gegen Einsamkeit und bringen uns wieder einander näher. Auch sollten wir die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern, um Betroffenen eine Teilnahme am sozialen Leben überhaupt zu ermöglichen. Wir brauchen auch einen Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung, denn Menschen, die schon lange chronisch einsam sind, kommen häufig nicht mehr ohne professionelle Unterstützung aus.
Irgendwann ist auch der Ehepartner tot. Freunde und Bekannte altern, die Besuche lassen nach — vor allem wenn man nicht mehr in der Lage ist, selbst mit dem Auto oder dem Bus zu fahren.
anderes als Alleinsein
zwischenmenschliche
Beziehungen überhaupt so wichtig?