Mutter Natur auf der Spur
Sanfter Weg mit pflanzlichen Naturheilmitteln bietet Vielfalt
Die klassische Pflanzenheilkunde gehört zu den ältesten Therapien der Menschheit und hat berühmte Vertreter wie Hildegard von Bingen oder Paracelsus. Viele moderne Medikamente beruhen bis heute auf pflanzlichen Extrakten, zum Beispiel Aspirin, dessen Wirkstoff Acetylsalicylsäure ein Extrakt der Weidenrinde ist. Heilpflanzen enthalten unterschiedliche Wirkstoffe wie zum Beispiel Flavonoide, ätherische Öle, Bitterstoffe, Gerbstoffe oder Saponine. Eine Pflanze wird daher als Vielstoffgemisch bezeichnet und hat ein breites Wirkspektrum. In der Phytotherapie werden die ganze Pflanze oder deren einzelne Bestandteile (wie Blüten, Wurzeln, Früchte, Samen usw.) in Form von Tees, Säften oder Salben verwendet. Auch Tinkturen, gepresste Tabletten oder Badezusätze gehören zur klassischen Phytotherapie. Der Arzt Samuel Hahnemann entwickelte die Lehre der Homöopathie Ende des 18. Jahrhunderts. Sie basiert auf den drei Grundlagen Ähnlichkeitsprinzip, Arzneimittelprüfung und Potenzierung. So wird die Wirkung eines Stoffes am gesunden Menschen geprüft, um Symptome, die dieser auslöst, im Krankheitsfall mit einer potenzierten Version dieses Stoffes zu therapieren. Die Potenzierung geschieht durch Verdünnung, Verschüttelung oder Verreibung. Eine jüngere Methode der Pflanzenheilkunde ist die Gemmotherapie: Sie wurde in den 50ern vom belgischen Arzt Pol Henry entwickelt. Dabei symbolisiert die Knospe einer Pflanze (lateinisch „gemma“) deren Lebens- und Wachstumskräfte. In der Gemmotherapie soll damit die zelluläre Ebene des Körpers angesprochen werden, über die alle Wachstums- und Reperaturmechanismen laufen. Gemmotherapeutische Mittel werden aus frischen Knospen in einer Alkohol-Glycerin-Lösung mazeriert. Die Spagyrik (griechisch „spao „= trennen, „ageiro“ = vereinen) wurde von alchemistisch arbeitenden Heilern im Mittelalter entwickelt. Diese zerlegten pflanzliche oder mineralische Substanzen in ihre Einzelbestandteile, sortierten diese nach „wertvoll“ oder „nutzlos“ und fügten die therapeutisch wertvollen Inhaltsstoffe schließlich wieder zusammen. Dafür bedarf es mehrstufiger Aufbereitungsprozesse wie Gärung, Destillation und Veraschung. Die dadurch erhaltene Substanz soll therapeutisch wirksamer sein als die gesamte Pflanze. Der französische Chemiker René-Maurice Gattefossé experimentierte Anfang des 20. Jahrhunderts mit Pflanzenessenzen und erkannte deren therapeutische Wirksamkeit. Die reinen Aromaöle sind hoch konzentriert und sehr potent, wenn sie zum Beispiel über Haut oder Atemwege aufgenommen werden. Die Düfte regen das limbische System an und können zur Steigerung des Wohlbefindens eingesetzt werden. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung können manche ätherischen Öle auch zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, da sie zum Beispiel antibakterielle, antivirale oder pilzhemmende Wirkungen haben. Dies ist in Deutschland aber nur erlaubt, wenn sie von Ärzten oder Heilpraktikern verordnet werden.