„Wer mich pflegt, soll mich beerben“
Erbeinsetzung unter einer sittengemäßen Bedingung grundsätzlich zulässig
Das OLG Frankfurt musste sich in einer Entscheidung vom 5. Februar 2019 zu Aktenzeichen 20 W 98/18 mit einer Erbeinsetzung befassen, die an eine Besuchspflicht geknüpft war. Der Erblasser hatte in seinem handschriftlichen Testament angeordnet, dass die Enkel 50 % seines Geldes erhalten sollten, „aber nur dann, wenn sie mich regelmäßig, d.h. mindestens sechsmal im Jahr besuchen.… Sollte das nicht der Fall sein, d.h. mich keiner besuchen, werden die restlichen 50 % des Geldes zwischen meiner Frau… und meinem Sohn… aufgeteilt“. Die damals minderjährigen Enkel haben die angeordneten Besuchszeiten nicht erfüllt, gleichwohl aber Anspruch auf das Geld erhoben. Das OLG Frankfurt hat dem Begehren der beiden Enkel stattgegeben. Es hat festgestellt, dass die von dem Erblasser aufgestellte aufschiebende Bedingung, die die Erbenstellung von einer ihnen auferlegten Besuchspflicht bei dem Erblasser abhängig macht, sittenwidrig und damit nichtig ist. Grundsätzlich sei zwar die geschützte Testierfreiheit eines Erblassers zu gewährleisten. Es müsse möglich sein, die Erbfolge nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Daher könne die Sittenwidrigkeit einer Bedingung nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen angenommen werden. Die Grenze zu einem solchen Ausnahmefall sei dann überschritten, wenn die von dem Erblasser erhobene Bedingung unter Berücksichtigung der persönlichen oder wirtschaftlichen Umstände die Entschließungsfreiheit der Empfänger unzumutbar unter Druck setzt und durch das Inaussichtstellen von Vermögensvorteilen Verhaltensweisen bewirkt werden sollen, die regelmäßig eine freie innere Überzeugung des Handelnden voraus setzen. Die Nichtigkeit der Bedingung führte im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Nichtigkeit der Erbeinsetzung. Das OLG Frankfurt nahm an, dass die Anordnung von dem Erblasser selbst dann getroffen worden wäre, wenn er gewusst hätte, dass die von ihm testierte Besuchsbedingung unwirksam sei. Dafür spreche die von ihm gewünschte enge Bindung zu den Enkeln. Verglei chbarer Anordnungen finden sich oftmals hinsichtlich einer Pflege. Auf derartige Anordnungen dürften die Entscheidungsgründe des OLG Frankfurt übertragbar sein. Auch wenn über die Wirksamkeit testamentarischer Anordnungen immer im Einzelfall zu entscheiden ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Vielzahl von Verfügungen zu Gunsten von Verwandten selbst dann wirksam sind, wenn diese die von dem Erblasser formulierten Bedingungen nicht erfüllt haben. Bestimmungen, bei denen die Person des Erben anhand eines Verhaltens zu ermitteln ist, sind generell unwirksam. Die Anordnung, wonach diejenige Person zum Erben bestimmt wird, die den Erblasser in den letzten Jahren seines Lebens gepflegt hat, ist zu unbestimmt und läuft daher ohnehin ins Leere (OLG Köln, Beschluss vom 14. November 2016 zu Az. 2 Wx 536/16). In diesem wie auch in jenem Fall wird daher der von dem Erblasser bezweckte Erfolg nicht erzielt. Sollte also eine testamentarische Anordnung von einer Bedingung abhängig gemacht werden, so muss sorgfältig darauf geachtet werden, dass diese Bedingung nach den Maßstäben der Rechtsprechung nicht als sittenwidrig oder zu unbestimmt anzusehen ist.