Recht
>Wirksamer Anwaltsvertrag erst bei Rechtsschutz-Deckungszusage?
Wirksamer Anwaltsvertrag erst bei Rechtsschutz-Deckungszusage?
Unterzeichnetes Vollmachtformulars reicht bei zusätzlichen Bedingungen nicht
Mit Brief vom 9. März 2011 unterrichtete die Klägerin (Anwaltskanzlei) den Beklagten über die Möglichkeit, auch die Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft auf Schadensersatz verklagen zu können, wies auf drohende Ver-jährung hin und bat um Rücksendung einer unterschriebenen Vollmacht. Dabei wurde folgendes erklärt: „Nach Einholung der entsprechenden Deckungszusage Ihrer Rechtsschutzversicherung werden wir Ihre Ansprüche gegen die Wirtschaftsprüfergesellschaft geltend machen. Die Stellung der Deckungszusage erfolgt durch unsere Kanzlei. Sollten sich bei der Einholung von Kostenschutz Probleme ergeben, melden wir uns.“ Der Beklagte unterzeichnete dieses Schreiben, welches mit „Auftrag und Vollmacht“ überschrieben war und gab es der Kanzlei zurück. Daraufhin bat die Kanzlei den Rechtsschutzversicherer um Deckungszusage. Der Rechtsschutzversicherer teilte mit, er habe bereits Deckungszusage für die außergerichtliche Interessen-wahrnehmung erteilt. Davon seien auch mögliche Ansprüche gegen die Wirtschaftsprüfer erfasst, insoweit dürfe keine besondere Geschäftsgebühr anfallen. Dies nahm die Klägerin (Kanzlei) zum Anlass eines Schreibens an den Beklagten und verwies darauf, der Rechtsschutzversicherer verweigere unberechtigt Deckungszusage und sei deshalb zunächst zur gerichtlichen Klärung in ausgewählten Fällen auf Deckung in Anspruch zu nehmen. In der Folge leitete die Kanzlei mehrere hundert Güteverfahren vor einer Gütestelle ein, die mangels Bereit-schaft der Wirtschaftsprüfer zur Teilnahme scheiterte. Der Rechtsschutzversicherer des Beklagten verweigerte die Übernahme der Kosten für diese Klage. Der Beklagte einigte sich schließlich mit dem Rechtsschutzversiche-rer auf eine Abfindungszahlung und forderte die Klägerin (Kanzlei) auf, alle Verfahren kostengünstig zu beenden. Nunmehr verlangt die Kanzlei vom Beklagten Vergütung für ihre Tätigkeit im Rahmen des Güteverfahrens (gegen die Wirtschaftsprüfer). Der BGH hat festgestellt, dass zwischen dem Beklagten und der Anwaltskanzlei kein Anwaltsvertrag über die Geltendmachung etwaiger Ansprüche des Beklagten gegen die Wirtschaftsprüfer zustande gekommen sei: Ausgangspunkt ist das Schreiben der Kanzlei vom 9. März 2011 an den Rechtsschutzversicherer. Dort wurde aus Sicht des BGH klar ausgedrückt, dass die Kanzlei die behaupteten Ansprüche des Beklagten gegen die Wirt-schaftsprüfer erst nach Einholung einer Deckungszusage geltend machen werde. Bei Problemen wollte sie nachfragen. (Urteil vom 14.02.2019 – IX ZR 203/18 = BeckRS 2019, 11446) Auch wenn es sich hier um eine sehr stark durch den Einzelfall geprägte Entscheidung handelt, lassen sich doch einige Allgemeinplätze für die Praxis gewinnen. Festzuhalten ist, dass nach dem BGH ein Anwaltsvertrag nicht schon dadurch (konkludent) abgeschlossen wird, wenn der Mandant das ihm übersandte Vollmachtsformular unterzeichnet und zurückschickt. Und im Falle einer Rechtsschutzversicherung auf Seiten des Mandanten ist nach dem BGH zweifelsfrei zu klären, ob der Anwaltsvertrag unbedingt oder nur im Falle einer Erteilung einer Deckungszusage durch die Rechtsschutzversicherung zustande kommen soll.