Kaufkraft spielt für OLG entscheidende Rolle
Das Kind lebt im Ausland: weniger oder mehr Unterhalt?
Nach der Trennung vom Vater lebt das Kind im Ausland. Der Kindesvater ist zu Unterhaltsleistungen verpflichtet. Die Unterhaltsleistungen richten sich nach dem Einkommen des Vaters aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit. Wieviel das minderjährige oder volljährige Kind bekommt, hängt vom sogenannten Bedarf des Kindes ab, also davon, welchen Geldbetrag ein Kind im Monat für Wohnung, Kleidung, Nahrungsmittel und Freizeitbedarf benötigt. In Deutschland richtet sich der Bedarf nach den Sätzen der sogenannten Düsseldorfer Tabelle. Diese Sätze gelten für in Deutschland lebende Kinder. Anders kann die Situation aussehen, wenn das Kind im Ausland lebt und dort die Lebenshaltungskosten höher oder geringer als in Deutschland sind. Ein zum Beispiel in der Schweiz lebendes Kind hat aufgrund der dort bestehenden hohen Lebenshaltungskosten einen höheren monatlichen Unterhaltsbedarf als ein in Griechenland lebendes Kind. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe musste in einer aktuellen Entscheidung darüber befinden, in welcher Höhe ein im US-amerikanischen Florida lebendes 13-jähriges Kind Unterhalt vom Vater erhält. Der Vater hatte argumentiert, der Unterhaltsbetrag sei zu reduzieren, da die Kaufkraft eines Euro, der nach USA gezahlt werde, dort höher sei als hier. Im Jahr 2013 ergebe sich aus der Eurostat-Tabelle ein Kaufkraftniveau von Deutschland 101,5 Prozent zu USA 92,9 Prozent. Die Kaufkraft sei damit um 109,25 Prozent erhöht. Der Unterhalt müsse daher um 9,25 Prozent geringer sein, damit er die gleiche Kaufkraft erziele. Für das Jahr 2015 ergebe sich ein Unterschied von mindestens acht Prozent. Das OLG ist dieser Auffassung gefolgt mit dem Ergebnis, dass der Kindesvater für seine Tochter in Florida weniger Unterhalt zahlt als er zahlen müsste, wenn die Tochter in Deutschland leben würde. Dass der Großteil des Bedarfs eines Kindes in den Vereinigten Staaten in außerordentlichen Kosten (zu vergleichen mit einem Mehrbedarf) besteht, ist bei der Entscheidung außen vor geblieben. Dazu zählen zum Beispiel die Betreuungskosten für nicht schulpflichtige Kinder, die in den USA deutlich höher sind als in der Bundesrepublik Deutschland.